- Angelegt von Scheven, Esther , zuletzt geändert am 2025-04-07
Wer aktiv in der GND (Gemeinsame Normdatei) mitarbeitet und GND-Datensätze bearbeitet, mag schon einmal über die Bemerkung „Bearbeitungssperre (Top 500)“ im MARC-21-Feld-667 gestolpert sein. Dieser Beitrag erläutert, was es damit auf sich hat.
Zunächst, das Feld 667 ist nach MARC 21 Authority eine „nonpublic general note“. D. h. im Bibliothekssystem der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) ist diese im Erfassungsformat PICA (Akronym für „Project Integrated Catalog Automation“) der Normdatensätze in der zentralen GND vorhanden (Beispiel: Datensatz der Gebietskörperschaft Graz im Feld 667 mit der Angabe „Bearbeitungssperre (Top500) – Änderungswünsche an DNB“), diese Angabe wird bewusst in den Endnutzersystemen nicht angezeigt, weder im GND-Explorer, z. B. https://explore.gnd.network/gnd/040219127 noch im Portalkatalog der DNB, z. B. https://d-nb.info/gnd/4021912-4. Es handelt sich somit um eine sehr seltene „interne Kennzeichnung“ in den über 10.000.000 (ja, 10 Millionen!) Normdaten in der GND.
Der Screenshot zeigt im PICA-Format das nicht öffentliche Feld 667 zur Kennzeichnung der Top-500
Mit den Normdatensätzen der GND werden Ressourcen erschlossen. Kataloge greifen über den Normdatensatz mit seinen vielfältigen Informationen, hier im Beispiel „Graz“, auf alle Ressourcen zu, die mit „Graz“ verknüpft sind. Wenn es eine Veränderung an dem Normdatensatz gibt, muss – je nach System – diese Änderung in allen Indizes und ggf. in allen verknüpften Ressourcen aktualisiert werden. Das kann große Bibliothekssysteme mit vielen Standorten an ihre Leistungsgrenze bringen, denn wenn einige tausend Ressourcen verknüpft sind (also viele „Follower“ haben), dauert dies einige Zeit und das System muss diesen Prozess erst abarbeiten. Um zu vermeiden, dass Systeme dabei Überlastungsgrenzen erreichen, z. B. weil zeitgleich noch weitere Verarbeitungen erfolgen, sind hochverknüpfte Normdatensätze für die Bearbeitung gesperrt. Änderungswünsche müssen an die DNB gemeldet werden. Die Umsetzung des Änderungswunsches erfolgt nur Freitagnachmittag ab 16:00 Uhr, wenn der „Normdaten-Traffic“ schon etwas reduziert ist und auch nur, wenn keine größeren Datenänderungen anstehen.
„Top-500“ bedeutet nicht, dass diese Normdatensätze mit 500 Ressourcen verknüpft sind, sondern es handelt sich um die Datensätze (maximal 500) der GND, mit denen die meisten Ressourcen in verschiedenen Bibliothekssystemen im DACH-Raum (Deutschland, Österreich und Schweiz) verknüpft sind und die deshalb von der jederzeitigen Bearbeitungsmöglichkeit ausgenommen werden müssen. Keine Angst, es sind zurzeit gar keine 500 GND-Datensätze, sondern „nur“ 169. Bis Dezember 2024 waren es noch 246. Wie kam es zu dieser wundersamen Verminderung um 77 Datensätze? Für Menschen, die mit Normdaten arbeiten ein wirklich glücklicher Umstand, für das die Zahl 77 auch steht.
Neue Grenzwerte
2024 wurden die Mengenbegrenzungen für verknüpfte Ressourcen auf den Prüfstand gestellt. Mit Beginn der GND lag die Grenze bei 10.000 verknüpften Ressourcen. Inzwischen hatte die Erfahrung in den Bibliothekssystemen gezeigt, dass die Grenze auf 20.000 verknüpfte Ressourcen hochgesetzt werden kann. Gesagt getan: 88 Datensätze wurden aus der Sperre genommen. Dazu gehören Sachbegriffe, die so Allerweltswörter wie „Tiere“, „Pflanzen“, „Junge“, „Mädchen“ repräsentieren, aber auch „Physik“, „Keramik“ und viele mehr. Insgesamt waren es 57 Sachbegriffe, die nun im Rahmen des üblichen Verfahrens bearbeitet werden können. 10 Sachbegriffe der GND wurden allerdings neu für die Bearbeitung gesperrt. Das sind überwiegend Sachbegriffe, die auch als Formangaben Verwendung finden (Beispiele „Kinderbuch“, „Lehrbuch“ u. ä.), aber auch der Sachbegriff „Ikonographie“ mit knapp 43.000 verknüpften Ressourcen im Bayerischen Bibliotheksverbund (BVB).
Auch der frühere einzige Top-500-Werknormdatensatz – „Bibel“ – ist jetzt nicht mehr für die Bearbeitung gesperrt. Erstaunlicherweise erreichen nun die berühmten Personen Ludwig van Beethoven, Johann Wolfgang von Goethe, Martin Luther, Franz Schubert, Robert Schumann und Richard Wagner in den relevanten Systemen die Schallgrenze von mehr als 20.000 Verknüpfungen nicht mehr. Es gibt nur noch drei Top-500-Personendatensätze, für die die Bearbeitungssperre gilt: Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart und William Shakespeare; diese haben also richtig viele „Follower“.
Waren ehemals 48 geografischen Normdatensätze für die Bearbeitung gesperrt, sind es 2025 nur noch 36. Bei 19 wurden die Sperre aufgehoben (Beispiele: Australien, Basel, Bern, Brasilien, Köln, London), ein Datensatz kam neu hinzu: Graz. Als zweitgrößte Stadt in Österreich ist der Normdatensatz für Graz im Österreichischen Bibliothekenverbund (OBV) zwar mit deutlich weniger Ressourcen verknüpft als der für Wien (über 115.000), aber mit über 34.000 Verknüpfungen ist die 20.000er Grenze weit überschritten.
Alle Typen von Datensätzen (Sachbegriffe, Personen, Geografika, Körperschaften etc.) können betroffen sein. Die genaue Liste, sortiert nach den Typen, finden Sie im öffentlichen Wiki für über Vereinbarungen über Obergrenzen für Importe und Datenmanipulationen in der GND als PDF- und TSV-Datei.