GND-Forum Archiv am 5. Oktober 2022 in Frankfurt am Main

Normdaten in der archivischen Erfassung – Archive vernetzen sich


Mit der digitalen Transformation und mit steigenden Datenmengen wächst der Bedarf, die eigenen Daten mit anderen Wissensbeständen zu verknüpfen und Zusammenhänge zwischen ihnen sichtbar zu machen. Für die virtuelle Zusammenführung spielen Normdaten eine zentrale Rolle. Inzwischen machen sich immer mehr Archive, archivische Projekte und Sammlungen die vernetzende, vor allem aber die identifizierende und normierende Eigenschaft von Normdaten zunutze und greifen dabei auf die Gemeinsame Normdatei (GND) zurück. Die Modernisierung und Öffnung der GND für den Kulturerbe- und Wissenschaftsbereich motiviert und bestärkt den Wunsch, die Vernetzung von Archivar*innen zu unterstützen, die die Normdatei bereits nutzen, an ihr mitschreiben oder sich für ihren Einsatz interessieren.

Am 5. Oktober 2022 fand mit knapp 100 Teilnehmer*innen das GND-Forum Archiv in den Räumlichkeiten der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) in Frankfurt am Main statt. Die Auftaktveranstaltung wurde gemeinsam von der Interessengruppe Archiv – Staatliche Archive (KLA), der GND-Agentur LEO-BW-Regional und der Arbeitsstelle für Standardisierung an der Deutschen Nationalbibliothek organisiert. Dabei bestand der zentrale Wunsch darin, mit Kolleg*innen aus allen Archivsparten in den Austausch über die Nutzung von Normdaten zu kommen. Tatsächlich zeigte eine kleine Live-Umfrage zu Beginn, dass Kolleg*innen aus den unterschiedlichen Bereichen – aus Staats-, Kommunal-, Hochschul- und Medienarchiven sowie eine kleine, dafür aber umso herzlicher willkommen geheißene, Zahl von Kirchen-, Privat- und Wirtschaftsarchivar*innen der Einladung zum Forum gefolgt waren.

Wege zur Beteiligung an der Gemeinsamen Normdatei und ihrem Netzwerk

Nach der Begrüßung durch Chantal Köppl (DNB), Dr. Mirjam Sprau (Bundesarchiv) und Dr. Patrick Leiske (Landesarchiv Baden-Württemberg), stellten Renate Behrens (DNB) und Chantal Köppl in ihrem Vortrag die verschiedenen Beteiligungswege in der Gemeinsamen Normdatei (GND) und dem kooperativen Netzwerk vor. Mit Agenturen, Redaktionen und Interessengruppen bestehen für die nicht-bibliothekarischen Kultursparten wie den Archiven eine Reihe von Möglichkeiten, sich unterschiedlich stark an der GND über die reine Recherche hinaus zu beteiligen. Seit einiger Zeit wird daran gearbeitet, GND-Agenturen für den Kultur- und Wissenschaftsbereich aufzubauen, um weiteren Partner*innen die Mitarbeit zu ermöglichen. Und auch wenn dieser Prozess noch lange nicht abgeschlossen ist und er weitere Mitstreiter*innen braucht, finden sich zunehmend nicht-bibliothekarische Vertreter*innen in den verschiedenen Gremien und Arbeitsgruppen und sind dort an der konzeptionellen (Weiter-)Gestaltung der GND beteiligt.

Was es bedeutet, GND-Agentur zu sein, hat im folgenden Vortrag Jens M. Lill (Bibliotheksservicezentrum Baden-Württemberg) am Beispiel der Ende 2020 gestarteten Agentur LEO-BW-Regional deutlich gemacht. Diese erste nicht-bibliothekarische GND-Agentur wurde im Rahmen des DFG-Projekts „GND für Kulturdaten – GND4C“ ins Leben gerufen. Sie zeigt beispielhaft die Chancen und Hürden auf, vor denen Archive und andere nicht-bibliothekarische Kultursparten stehen, wenn sie sich im GND.network aktiv beteiligen wollen. Möglichkeiten zur Partizipation sind gegeben und wurden geschaffen, eine flächendeckende Service-Landschaft besteht aber momentan noch nicht. Für Archive, die ihre Daten in die GND einbringen wollen, heißt das also derzeit noch, dass sie zunächst die Etablierung von Redaktionen und weiteren GND-Agenturen für ihren (regionalen) Bereich abwarten beziehungsweise aktiv vorantreiben müssen. Aber auch schon bestehende Strukturen der GND können nachgenutzt werden, wenn etwa große Bibliotheken die Redaktion der Datensätze übernehmen, die von Archiven über die GND-Webformulare eingegeben werden. Mit dem Anspruch, dass Daten redaktionell bearbeitet und nachhaltig gepflegt werden müssen, steht die GND zwar für ein hohes Maß an Qualität, hebt aber gleichzeitig auch die Schwelle der Partizipation an.

Das Ergebnis der ersten kleinen Live-Umfrage zeigt, aus welchen Bereichen die Teilnehmenden zusammenkamen.

Mit welchen Erwartungen sind die Teilnehmenden zum GND-Forum Archiv gekommen?


Renate Behrens und Chantal Köppl (Deutsche Nationalbibliothek): Von Agenturen, Interessengruppen und Wegen zur Beteiligung an der GND

Die Normdaten der Gemeinsamen Normdatei (GND) bilden einen wichtigen Grundstein für die Vernetzung von Daten, Informationen und Wissen aus unterschiedlichen Fach- und Kulturbereichen. Während die GND bisher noch stark auf die bibliothekarische Nutzung ausgerichtet ist, werden im Projekt „GND für Kulturdaten – GND4C“ die Voraussetzungen für die Öffnung der GND für Archive, Museen, Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen erarbeitet. In diesem Rahmen werden Konzepte für ein flexibleres Datenmodell, eine erneuerte Dokumentation und erweiterte Beteiligungsstrukturen entwickelt, die neuen Partnern und Communities die Teilnahme im GND-Netzwerk ermöglichen sollen.

Der Beitrag will zeigen, auf welchen Wegen es neuen Partnern möglich ist, an der GND mitzuwirken und zu ihrem Datenbestand einerseits und ihrer „Gesamtentwicklung“ andererseits beizutragen. Eine Schlüsselrolle nehmen dabei die GND-Agenturen und –Redaktionen für Einrichtungen aus dem Kulturerbe- und Forschungsbereich ein. Daneben sind es die Interessengruppen, durch die verschiedene Communities dabei unterstützt werden, ihre Bedarfe in Bezug auf Normdaten untereinander zu diskutieren, gemeinsame Lösungen zu entwickeln und daraus resultierende Anforderungen in das GND-Netzwerk einzubringen. Gleichzeitig soll aufgezeigt werden, wie sich die Beteiligung an der GND in das Gesamtgefüge der Arbeit des Standardisierungsausschusses einfügt.

Jens M. Lill (Bibliotheksservicezentrum Baden-Württemberg): Die GND-Agentur „LEO-BW-Regional“ als neuer Partner im GND.network

Im Dezember 2020 ist mit LEO-BW-Regional die erste nicht-bibliothekarische GND-Agentur aus dem Kreis der GND4C-Projektpartner in den Pilotbetrieb gegangen. Die Agenturkooperation zwischen dem Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg (BSZ) und dem Landesarchiv Baden-Württemberg (LABW) beruht auf einer langjährigen erfolgreichen Partnerschaft und Zusammenarbeit der beiden Landeseinrichtungen, die mit einer Schwerpunktsetzung auf Archive und Museen ihre jeweilige Community- und projektspezifische Sicht in die GND-Agentur einbringen.

Als Kompetenzzentrum und Beratungsstelle für Normdatenbelange aller baden-württembergischen Institutionen aus dem Kulturbereich wird die GND-Agentur „LEO-BW-Regional“ stetig ausgebaut, insbesondere für die teilnehmenden Partnerinstitutionen am landeskundlichen Informationssystem und Kulturgutportal LEO-BW sowie beim Dokumentationsverbund MusIS der staatlichen Museen am BSZ.

Der Vortrag erläutert den kooperativen Ansatz von BSZ und LABW bei der GND-Agentur, gibt Einblicke in das Service-Portfolio und die Tätigkeitsschwerpunkte und schließt mit einem kleinen Resümee nach gut zwei Jahren Agenturbetrieb.

Präsentation: https://swop.bsz-bw.de/2563

Eindrücklich zeigte diese Menti-Umfrage, dass die Teilnehmenden "Normdaten" mit einer ganzen Reihe guter Eigenschaften verknüpfen – Auffindbarkeit, Eindeutigkeit und Vernetzung sind nur einige von ihnen.

Die Normdaten der GND werden in unterschiedlicher Art und Weise verwendet, wie anhand der Antworten auf die Frage nach den Nutzungsszenarien zu sehen ist. So setzt sie ein großer Teil zu Recherchezwecken, zur Verknüpfung und Anreicherung der Metadaten ein. Rund ein Drittel der Teilnehmenden erstellt und bearbeitet Datensätze in der GND.


Erfahrungs- und Werkstattberichte zum Einsatz der Gemeinsamen Normdatei in der archivischen Erschließung

Im nachfolgenden Programmteil stellten das Deutsche Literaturarchiv Marbach, das Deutsche Exilarchiv 1933-1945, die Staatlichen Archive Bayerns und das Landesarchiv Baden-Württemberg vier konkrete Anwendungsfälle und Erfahrungsberichte zum Normdateneinsatz in der archivischen Erschließung vor. Janet Dilger und Lena Hafenrichter vom Deutschen Literaturarchiv Marbach berichteten davon, wie Normdaten in ihrem Haus verwendet werden, um die sehr unterschiedlichen Bestände in den im Haus geführten Katalog miteinander zu verknüpfen sowie um eine bessere Auffindbarkeit von zusammengehörigen Objekten und Informationen durch die Nutzenden zu ermöglichen. Am Beispiel der bei den Staatlichen Archiven Bayerns jüngst implementierten Funktionalitäten demonstrierten Dr. Michael Puchta und Dr. Johannes Haslauer die Optionen der manuellen sowie der automatisierten Verknüpfung der Verzeichnungsdaten mit Normdatensätzen. Sie wiesen darauf hin, dass insbesondere die automatisierte Verknüpfungsmöglichkeit mit zahlreichen Herausforderungen verbunden ist, die vor allem aus dem geringen Standardisierungsgrad der archivischen Altdaten sowie aus der Inkongruenz von Verzeichnungs- und Normdatensätzen herrührt. Die Möglichkeit, Normdaten überhaupt in Archivinformationssystemen einbinden zu können, ist noch lange nicht die Regel – umso interessierter waren die Nachfragen zur Nachnutzung der vorgestellten Softwarelösung. Besonders auffällig wird das Fehlen solcher Einbindungsmöglichkeiten in die eigene Software auch, wenn die Anforderungen an die Normdatenreferenzierung aufwendiger werden und etwa mehr als ein Normdatensatz mit einem Verzeichniseintrag verbunden werden soll. So stellte Dr. Jörn Hasenclever vom Deutschen Exilarchiv 1933-1945 den Bestand des Archivs der Exilorganisation "American Guild for German Cultural Freedom" vor, für dessen intensive Erschließung es notwendig ist, eine ganze Abfolge von Ortsnormdatensätzen mit einem Schriftstück zu verknüpfen, um dessen "Reiseweg" für die genaue Recherche und Forschung festhalten und visualisieren zu können. Möglichkeiten, solche Anforderungen in einem Katalog oder Archivinformationssystem nachzuhalten, fehlen aber momentan bis auf sehr spezifische Einzelfälle noch. Was aber bereits jetzt möglich ist, ist die Anreicherung mit GND-Normdaten von Datensätzen aus Archiven, etwa im Zuge der Aufbereitung vor einer Ausstellung oder der Lieferung an ein Portal. Mit der GND-Schnittstelle in OpenRefine stellte Verena Mack von der GND-Agentur LEO-BW-Regional einen recht niedrigschwelligen Weg für die Anreicherung auch von größeren Datensets vor. Wichtig sei dabei aber immer zu beachten, dass standardisierte archivische Daten nicht deckungsgleich mit den standardisierten bibliothekarischen Daten und damit auch den Normdatensätzen sind. Für eine Anreicherung mit der GND müssen die Daten stärker normiert sein – oder werden.

Die Werkstattberichte zeigten, dass für die flächendeckende Nutzung von Normdaten in der archivischen Erschließung noch einige insbesondere technische, aber auch strukturelle Fragen offen sind. Erste sehr erfolgreiche Schritte in diese Richtung wurden aber bereits begangen und die Bereitschaft ist groß, die gesammelten Erfahrungen mit der Community zu teilen und Wissen, aber auch Tools zur Nachnutzung, bereitzustellen.


Janet Dilger und Lena Hafenrichter (DLA Marbach): „Wir könnten viel, wenn wir zusammenstünden“ – wie Normdaten heterogene Bestände vernetzen

Das Deutsche Literaturarchiv Marbach (DLA) erwirbt, sammelt und erschließt Quellen zur deutschsprachigen Literatur und Ideengeschichte von der Aufklärung bis in die Gegenwart. Die Sammlungen umfassen u.a. Quellen und Forschungsliteratur; unikale, gedruckte und audiovisuelle Medien des literarischen Lebens und der Wirkungsgeschichte, Bildzeugnisse und Gegenstände  sowie speziell über 1.600 Nach- und Vorlässe sowie Verlagsarchive und Einzelautografen.

Diese vielfältigen Bestände werden seit Einführung des elektronischen Katalogs 1998 von allen Abteilungen gemeinsam in der Datenbank Kallías erschlossen und genutzt. Hier bilden insbesondere Normdaten zu Personen, Körperschaften und Werktiteln ein Netzwerk, in dem sich die verschiedenen Bestände des DLA miteinander verbinden. Der Vortrag wird einen Einblick in die Vernetzungsmöglichkeiten von heterogenen Beständen durch Normdaten geben – innerhalb einer einzelnen Einrichtung und auch darüber hinaus. 

Dr. Jörn Hasenclever (Deutsches Exilarchiv 1933-1945): Normierte Orte. Anforderungen für Netzwerkanalysen am Beispiel des Archivs der Exilorganisation American Guild for German Cultural Freedom.

Das Archiv der Deutschen Akademie im Exil / American Guild for German Cultural Freedom zählt zu den bedeutendsten Beständen des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek. Die überparteiliche Organisation unterstützte Exilierte finanziell, bot Vernetzung und gewährte lebensrettende Hilfe bei der Weiterflucht. Viele Prominente waren zur Mitarbeit bereit, darunter Thomas Mann und Sigmund Freud. In dem Büro der American Guild in New York City gingen Hilfsgesuche aus aller Welt ein. Bis zu ihrer Auflösung 1941 gewährte die American Guild 160 Arbeitsstipendien. Die Mittel wurden mit Soireen, Fundraising-Dinners, Konzerten und Manuskriptauktionen eingeworben. Das Archiv umfasst 968 Personenmappen. Fragebögen, Lebensläufe und Korrespondenzen aus vielen Ort der Welt sind überliefert. Mit Stipendiaten wie Bertolt Brecht, Alfred Döblin, John Heartfield, Egon Erwin Kisch, Joseph Roth, Anna Seghers und Arnold Zweig ist das Archiv ein „Who is Who“ der deutschsprachigen Emigration.

Aus den Anfragen von Forschenden, die das Exilarchiv erreichen, wird ein Trend deutlich, der die Nutzung der Meta-Daten zur historischen Netzwerkanalyse und zur Visualisierung von Forschungsfragen in den Fokus nimmt. Konkret geht es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern darum, beispielsweise Kommunikationswege zwischen der Hilfsorganisation, einzelnen Unterstützern und unterstützten Emigranten auf virtuellen Landkarten zu visualisieren und dabei Daten wie Alter, Geschlecht, Beruf miteinzubeziehen.

Dies erfordert, dass das Deutsche Exilarchiv 1933-1945 seine Erschließung an die Bedürfnisse der Forschenden aus den DH-Bereichen anpasst. Neben der intensiven Pflege von Personennormdaten bedeutet dies im konkreten Beispiel, nicht nur Entstehungsorte von Briefen, sondern auch – wenn möglich – Adressorte zu katalogisieren und dabei normierte Orte der GND zu verwenden, damit die auf den Metadaten aufbauenden Applikationen, diese verarbeiten können.

Dr. Michael Puchta und Dr. Johannes Haslauer (Staatliche Archive Bayerns): Von der Theorie zur praktischen Umsetzung – die Implementierung der Normdatennutzung in den Staatlichen Archiven Bayerns

Die Staatlichen Archive Bayerns verwendeten in der Vergangenheit vor allem für Geographica ein normalisiertes Vokabular auf der Grundlage des amtlichen Ortsnamensverzeichnisses von 1972, das durch individuelle Ableitungen pro Bestand ergänzt wurde. Weit weniger Normierung war dagegen bei der Aufnahme der Personennamen und – wo angelegt – bei den Sachbegriffen gegeben. Auf dieser heterogenen Grundlage wurde 2021 eine Lösung für den Einsatz der GND im Archivinformationssystem der Staatlichen Archive Bayerns implementiert. Dabei wurden mehrere Ziele verfolgt: 1. Die Lösung sollte technisch offen sein, um perspektivisch weitere Normdatenvokabulare anzubinden. 2. Eine automatische GND-Referenzierung sollte überall dort erfolgen, wo eine eindeutige Identifikation der Entitäten möglich ist. 3. Für alle anderen Fälle sollte eine manuelle Referenzierungsmöglichkeit mit Suchfunktion und Auswahlmöglichkeit implementiert werden. 4. Ausgewählte Metadaten aus der GND sollten neben der GND-ID in das Archivinformationssystem mitübernommen werden, um neue Recherchemöglichkeiten zu eröffnen.

Der Blick auf die praktische Anwendung der entwickelten Lösung bei der Erschließung und der Generierung standardisierter Metadaten zeigt Funktionalitäten und Arbeitsschritte auf, wodurch sich Rückschlüsse auf aktuelle Möglichkeiten, Grenzen und künftige Erfordernisse ziehen lassen. Diese gehen weit über die softwaretechnische Umsetzung hinaus und berühren organisatorische, personelle und qualitative Fragen der archivischen Erschließung. 


Verena Mack (Landesarchiv Baden-Württemberg): Mit der GND arbeiten. Datenabgleich und -anreicherung mithilfe von OpenRefine

OpenRefine ist ein mächtiges Hilfsmittel, um tabellarische Daten zu bereinigen und umzuwandeln. Allein dadurch ist es schon gut geeignet um Daten, etwa vor Lieferungen an Portale wie das Archivportal-D oder für anderweitige Veröffentlichungen, aufzubereiten. Neben diesen Anwendungen in der Datenaufbereitung bietet OpenRefine auch die Möglichkeit, über integrierte Schnittstellen Daten mit externen Normdateien wie der Gemeinsamen Normdatei (GND) abzugleichen und die eigenen Daten aus diesen anzureichern. Genau dieser Abgleich mit der GND und die folgende Anreicherung der Daten nach einer umfassenden Bereinigung der Ausgangsdaten soll in diesem Vortrag exemplarisch aufgezeigt werden. Genutzt wird dafür ein Ausschnitt der Gurs-Datenbank, die als Themenmodul auf LEO-BW veröffentlicht wurde und mehr als 6.500 Biogramme zu 1940 deportierten Personen aus dem deutschen Südwesten zur Verfügung stellt. Dabei werden häufige Problemfälle und Schwierigkeiten beim Datenabgleich aufgezeigt und verschiedene Möglichkeiten vorgestellt, wie mit diesen umgegangen werden kann.

Präsentation: https://swop.bsz-bw.de/2564


Personennormdaten, Geo-Referenzierung, sachthematische Verschlagwortung und Zusammenarbeit der Archive – Impulse und Diskussion 

Das zentrale Anliegen des Forums war es, den Teilnehmenden Raum für den Austausch über Themen und Fragestellungen zu bieten, die im Fokus von Archivar*innen stehen, wenn sie GND-Normdaten nutzen oder künftig nutzen wollen. Zur Vorbereitung auf die anschließende Diskussion in World Cafés waren Impulsvorträge zu den Themenclustern "Personen", "Geografika" und "Verschlagwortung" zu hören. Johannes Renz (Landesarchiv Baden-Württemberg) berichtete aus dem Hauptstaatsarchiv Stuttgart über den aus der Erschließung mit Normdaten wachsenden Bedarf an neu anzulegenden Personendatensätzen in der GND. Dabei warf er die dann auch später diskutierte Frage auf, in welchen Fällen Personennormdaten für die archivische Erfassung benötigt und angelegt werden können. Den Nutzen von Geografika-Normdaten und deren Referenzierung für die Erschließung und Rechercheanwendungen betonte Dr. Peter Sandner (Hessisches Landesarchiv). Er verdeutlichte anhand ausgewählter Beispiele, dass es innerhalb der "Archivwelt" eine tiefergehende Verständigung über Praxis und Regeln braucht, wie GND-Normdaten zur Verknüpfung von Ansiedlungen (populated places) genutzt werden können. Dr. Mirjam Sprau (Bundesarchiv) stellte die Bedeutung von GND-Sachbegriffen für die formale Ressourcenbeschreibung und sachthematische Verschlagwortung heraus und benannte die daraus für die Erschließung im Archiv entstehenden Herausforderungen.

Die Impulsbeiträge stimmten die Teilnehmenden auf die nachfolgenden World Cafés ein, in denen sie zur Diskussion über die Themenkomplexe Personennormdaten, geografische Referenzierung, Verschlagwortung mit GND-Sachbegriffen sowie Ziele und Wege zur verstärkten Zusammenarbeit der Archive im GND-Netzwerk eingeladen waren. Hier hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, sich zu diesen Themenkomplexen, wie auch über allgemeine Anforderungen aus archivischer Sicht an die GND, auszutauschen.

Johannes Renz (LABW): Von Rang und Namen – Normdatennutzung und Ansetzungsbedarfe bei Personen am Beispiel eines Staatsarchivs

Dr. Peter Sandner (Hessisches Landesarchiv): Geografika in der archivischen Normdatennutzung

Dr. Mirjam Sprau (Bundesarchiv) und Yvonne Jahns (Deutsche Nationalbibliothek, verhindert): GND-Sachbegriffe in der archivischen Erschließung – fachliche Herausforderungen


 Personen

  • Die „Eignungskriterien“ für Personen sind noch nicht bekannt genug, um immer nachvollziehbar entscheiden zu können, welche in den Archivalien aufgefundenen Personen in die GND aufgenommen werden sollten. Es besteht ein Bedarf an Schulungen und weiteren Informationen. Daneben erscheint eine vertiefte Auseinandersetzung mit den GND-Eignungskriterien und ein Abgleich aus Sicht mit archivischen Belangen sinnvoll. Der derzeitige Überhang von Personen mit Bezug zu bibliothekarischen Medien wie Autor*innen oder Herausgeber*innen macht es schwierig, mit GND-Personendatensätzen zu arbeiten, ohne eine große Zahl von Personen als Normdatensätze neu ansetzen zu müssen.

  • Bei manchen Personen müssen derzeit noch andere digitale und analoge Nachschlagewerke hinzugezogen werden. Es besteht ein grundsätzlicher Bedarf an weiterer Vernetzung dieser Nachschlagewerke mit der GND.

  • Das derzeitig im GND-Ausschuss diskutierte Streichen von Geschlechtsangaben und gendersensiblen Berufsangaben in Personen-Normdaten kann aus Sicht der Teilnehmenden für die archivische Erschließung nicht unterstützt werden.

 


 

Geografika

  • Die Anwendungsfälle und der Einsatz normierter Ortsdaten in den Archiven sind sehr vielfältig. Doch nicht alles wird sinnvoll mit der GND abzudecken sein und muss deshalb durch weitere Thesauri ergänzt werden. Hier kam insbesondere geonames zur Sprache.

  • Es besteht großer Informationsbedarf, was die historisch gewachsene Ansetzung von Geografika in der GND angeht. Dies betrifft die Regeln zu den Geografika in der GND allgemein (zum Beispiel "Splittingregel") und die Frage, welche Anwendungsfälle mit der GND abzudecken sind.

  • Historische Orte und Wohnplätze sind bisher nur sehr unvollständig in der GND abgebildet. Inwieweit ist die Einspielung weiterer historischer Ortsverzeichnisse in die GND möglich?

Sachbegriffe

  • Das Thema Sachbegriffe umfasst sehr unterschiedliche Anwendungsbereiche (z. B. die Verwendung normierter Berufsbezeichnungen, ideengeschichtliche Sachschlagworte zur Inhaltsbeschreibung etc.).

  • Die Einbindung einer Verschlagwortung mit normierten Sachbegriffen sollte die „Enthält“-Vermerke nicht ersetzen, da historische Begriffe aus den Archivalien sichtbar bleiben sollen.

  • Die sachthematische Verschlagwortung mit Sachbegriffen der GND kann die Inhaltsangabe aus der archivischen Erschließung ergänzen. Diskutiert wurde die damit einhergehende unterschiedliche Aufnahme der Archivalie unter dem Blickwinkel "Thema vs. Inhalt".

  • Die Regeln der GND zur Ansetzung historischer Einzelereignisse sind unter Archivarinnen und Archivaren nicht ausreichend bekannt, ihre Umsetzung ist mitunter schwierig.

 


 

Ziele und Zusammenarbeit:

  • Die GND und andere Normdateien sind wichtig für die Archive zur Vernetzung der Daten – von den eigenen Online-Findmitteln bis zu den übergeordneten Portalen.

  • Dem Prinzip "linked data" sollte dabei hohes Gewicht eingeräumt werden, damit ein hohes Maß an Interoperabilität und Automatisierung erreicht werden kann.

  • Eine Einbindung von Normdatenschnittstellen in die Software ist unabdingbare Voraussetzung und sollte gemeinschaftlich befördert werden. Intelligente Hilfstools sollten nach Möglichkeit sukzessive integriert werden.

  • Fortschreitender Austausch als großer Fokus: Hürden müssen abgebaut, Informationen noch besser zugänglich gemacht und die Möglichkeiten der Nutzung und Mitwirkung stärker beworben werden. 

  • Es besteht ein großer Bedarf an Schulungen und Workshopformaten (gerade auch zur Anwendung technischer Tools sowie zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch im Sinne von best practice). 

  • Auch eine Einbindung in die archivische Ausbildung, etwa durch GND-Anwender*innen, ist denkbar und erscheint erstrebenswert. 

  • Es braucht mehr Agenturen und/oder Redaktionen, die sich um die Normdatenbelange der Archive kümmern und es möglich machen, dass weitere Archive an der GND mitarbeiten.

  • Spezifische inhaltliche Bedarfe an Datensätzen resultieren aus konkreten Tätigkeits- und Zuständigkeitsfeldern von Archiven wie etwa der Biologie (z.B. lateinische Tier- und Pflanzenbezeichnungen) oder der Soziologie (z.B. antirassistisches und feministisches Vokabular). 

  • Die Interessen der Archive im gesamten DACH-Raum sollten in den Blick genommen werden.


Vernetzen zur gemeinsamen Weiterarbeit

Die in den World Cafés diskutierten Themen, Anforderungen und die aufgeworfenen Fragen wurden im Plenum zusammengetragen. Wie sich zeigte, decken sich einige der von den Teilnehmenden eingebrachten Ideen und Vorschläge auch mit den Handlungsfeldern, zu denen auch die Interessengruppe Archiv – Staatliche Archive (KLA) eine Auseinandersetzung anregen möchte. Dazu gehören Schulungen und Fortbildungen, die Beschäftigung mit Fachfragen (Austausch zu inhaltlichen Themen / einzelnen Entitäten) sowie Fragen der künftigen archivischen Beteiligungsstrukturen (Gründung weiterer GND-Agenturen, Kontakt zum Standardisierungsausschuss, Erweiterung der bestehenden IG Archiv). Die Interessengruppe wurde 2020 von der Konferenz der Leiterinnen und Leiter der Archivverwaltungen des Bundes und der Länder (KLA) ins Leben gerufen, um die Beschäftigung mit Normdaten aus Sicht der staatlichen Archive voranzutreiben. In ihrer Vorstellung lud die Interessengruppe Archiv – Staatliche Archive (KLA) dazu ein, diese bislang auf den staatlichen Bereich beschränkte Gruppe zu erweitern und zu einer übergreifenden Gruppe mit Vertreter*innen möglichst vieler Archivsparten zu machen. Dafür werden Mitstreiterinnen und Mitstreiter aus allen archivischen Bereichen gesucht.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Organisator*innen des Forums nehmen die an diesem Tag von den Teilnehmenden eingebrachten Beiträge, Fragen, Desiderate, Ideen und Vorschläge mit in die Nachbereitung. Hier fließen auch die Rückmeldungen aus der letzten Umfrage ein, die die Teilnehmenden im Nachgang beantworteten: "Zu welchen Themen und Fragestellungen wünschen Sie sich weitere Treffen?"

  • Regelmäßiger Austausch und Treffen, um die Einbindung von Normdaten in die archivische Erschließung weiter voranzutreiben.

  • Informationen zur Mitarbeit von Vertreter*innen aus dem Archivbereich an bestehenden Arbeitsgruppen des Standardisierungsausschusses, wie zum Beispiel der AG Bildende Kunst. → Siehe dazu auch gnd.network | Gestalten

  • Sammlung und Präsentation bestehender Tools für die Normdatenbenutzung, Datenbereinigung und für Abgleiche mit der GND im archivischen Kontext.

  • Erstellung von Informationsmaterial für Archivar*innen zur GND-Arbeit und Überlegungen zu Schulungsmöglichkeiten, Fortbildungen und zur Integration in die Ausbildung.

  • Weiterarbeit an und Verständigung über entitätsspezifische Bedarfe (z. B. Kriterien zum Anlegen von Personendaten, Geografika-Splittingregeln oder der archivische Einsatz von Sachbegriffen).


Diese Ideen, Beiträge und Wünsche gilt es jetzt zu sortieren, konkreter zu beschreiben und zu priorisieren! Das Organisationsteam des Forum Archiv nimmt deshalb den Auftrag mit, den weiteren Austausch und die jetzt folgende Zusammenarbeit zu koordinieren. Dazu wurde bereits während des Forum Archiv ein nächstes Treffen aller Interessierten für Anfang 2023 in Aussicht gestellt. Wer zwischenzeitlich Kontakt zur Interessengruppe Archiv – Staatliche Archive (KLA) aufnehmen möchte, wird hier fündig.

Informationen vermitteln, Kontakte knüpfen, Einblick geben, Vorteile, (lange) Wege und Vielfalt aufzeigen, zum Weitergehen motivieren, Tools vorstellen... Das war es, was wir mit dem Forum erreichen wollten!

Die Antworten der Teilnehmenden auf die "To Go-Umfrage" für den Heimweg lesen sich wie eine bunte, kompakte Zusammenfassung der Themen, die den Teilnehmenden am meisten unter Nägeln brennen.




Eindrücke

Credits: Deutsche Nationalbibliothek, CC BY SA

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