Empfehlungen für Privatanwender

Auswahl des zu archivierenden Materials
Wenn Amateurfilme von Privatpersonen dauerhaft gesichert werden, ist der Produzent zumeist auch der Betreuer der Filmsammlung. Der Produzent hat möglicherweise die Absicht, seine Videoaufnahmen der Nachwelt zu überlassen. Dabei handelt es sich im Regelfall zunächst um die Erben innerhalb der eigenen Familie. Es kann aber auch vorkommen, dass an den Aufnahmen eines Amateurfilmers öffentliches Interesse besteht. Hier sollte sich der Produzent überlegen, ob er seine Werke nicht bereits zu Lebzeiten und möglichst zeitnah nach ihrer Entstehung an eine öffentliche oder private Gedächtnisinstitution übergeben möchte. Dann wäre diese in einem Vertrag zur dauerhaften Erhaltung des Materials verpflichtet. Es sollte dann eine Einrichtung bevorzugt werden, die das dafür nötige Know-how in ausreichendem Umfang besitzt.

Ist es dem Produzenten jedoch wichtig, einen längeren oder lebenslangen Zugriff auf die eigenen Filmmaterialien zu haben, sind gewisse Maßnahmen zur Langzeitsicherung und Bestandserhaltung, auf die weiter unten noch näher eingegangen wird, unerlässlich. Er sollte seine Werke zumindest grob erschließen, damit sie für einen selbst, aber auch die Nachwelt, eindeutig identifizierbar bleiben. Ihm steht es frei, seine Materialien zu bewerten und solche, die er nicht für dauerhaft erhaltenswert einstuft, nach eigenem Gutdünken zu vernichten. Dies sollte sinnvollerweise dokumentiert werden. Ebenso wichtig wie die Archivwürdigkeit ist aber auch die Archivfähigkeit des zu erhaltenden Materials. Daher sollte dieses in einem geeigneten Archivierungsformat und nicht nur in einem reinen Nutzungsformat vorliegen. Liegen von den Ausgangsfilmen mehrere Versionen vor, was sich sowohl auf den Inhalt als auch auf das Dateiformat beziehen kann, sollte ein geeigneter Archivmaster ausgewählt bzw. generiert werden.

Beschreibung der vorgesehenen Nutzungsszenarien

Je mehr der Produzent von Amateurfilmen vom Interesse seiner Nachfahren oder gar vom öffentlichen Interesse an seinen Werken überzeugt ist, desto mehr sollte er in die Langzeitarchivierung investieren oder sich um eine geeignete Gedächtnisinstitution zur dauerhaften Aufbewahrung kümmern. Der Aufbau einer eigenen Infrastruktur zur digitalen Archivierung ist grundsätzlich mit sehr hohen Kosten verbunden. Im Gegensatz dazu findet eine externe Nutzung vermutlich kaum statt. In jedem Fall sollte der Produzent sich darüber im Klaren sein, welche Eigenschaften seiner Materialien als signifikant und erhaltenswert betrachtet werden können und dies dokumentieren.

Qualitätsmanagement

Qualitätsmanagement bezeichnet Verfahren, welche die Qualität der Objekte im digitalen Langzeitarchiv sicherstellen sollen.

Empfehlung

Von Privatanwendern ist ein umfassendes Qualitätsmanagement nicht zu leisten. Trotzdem wird Privatanwendern empfohlen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten ggf. eine Eingangskontrolle durchzuführen und die Ergebnisse von Formatmigrationen anhand festgelegter Kriterien zu prüfen.

Erhaltungsstrategien

Bitstream-Preservation
Die Erhaltung des Datenstroms ist die Basis jeder digitalen Archivierung. Dieser sollte gewährleistet werden durch:

  • Verwendung geeigneter Prüfsummen
  • redundante Sicherung an verschiedenen Orten
  • regelmäßige Virenprüfung
  • regelmäßiger Austausch von Datenträgern
  • regelmäßige Sichtprüfung


Empfehlung

CD-ROMs, DVDs usw. sind als Sicherungsmedien zu vermeiden. Auch die Sicherung auf externen Festplatten stellt allenfalls eine Grundsicherung dar. Alles darüber hinaus kann sich ein Privatanwender jedoch häufig nicht leisten. Realistisch ist meist nur der regelmäßige Austausch der Speichermedien bei räumlich getrennter Aufbewahrung. Besser wäre jedoch ein RAID-10-System, etwa ein NAS-Server. Denkbar ist auch eine Cloudlösung, wobei der Anbieter sich um die Verwaltung und Erhaltung der Speichermedien kümmert.

Kriterien für einen Dienstleister bzw. eine Cloudlösung sind:

  • Gewährleistung der Langzeitverfügbarkeit
  • keine Nutzungsrechte für den Provider
  • Schutz vor unbefugtem Zugriff


Die Inanspruchnahme eines Dienstleisters bzw. Cloudspeichers ist meist mit laufenden Kosten als monatliche Pauschale oder nach Datenaufkommen verbunden. Neben den Kosten sind auch die Nutzungsbedingungen zu beachten. Die Sicherheit kann signifikant erhöht werden, wenn ein Film zwei- oder dreimal auf unterschiedlichen Datenträgern gespeichert wird und diese an mehreren Orten abgelegt werden.

Content-Preservation

Content-Preservation meint die Sicherstellung, dass der Inhalt eines Objekts langfristig wiedergegeben und interpretiert werden kann.
Auch Bestandserhaltungsmaßnahmen kann ein Privatanwender kaum durchführen. Trotzdem sollte ein genereller Risikofaktor festgehalten werden: Wenn es für ein Objekt zunehmend schwieriger wird, aktuelle Wiedergabesoftware zu finden, ist dies ein deutlicher Hinweis darauf, dass ein Format von aktueller Software nicht mehr unterstützt wird und von Obsoleszenz bedroht ist. In diesem Fall sollten so bald wie möglich alle Objekte, die in dem betroffenen Format vorliegen, in ein neues Zielformat migriert werden.

Empfehlung

Privatanwender können eine umfassende Content-Preservation kaum leisten. Aus diesem Grund sollen hier nur minimale Anforderungen aufgeführt werden:

  • Ablage der Masterdatei in einem nicht oder verlustfrei komprimierten Format
  • Begrenzung auf wenige ausgewählte Archivformate durch Konvertierungsmaßnahmen
  • Identifizierung und Validierung der Dateiformate und Codecs Extraktion technischer Metadaten
  • Festlegung einiger weniger signifikanter Eigenschaften (z.B. Seitenverhältnis, Farbraum und Auflösung)
  • Dokumentiation der Festlegungen und Maßnahmen
  • Überprüfung der Anforderungen nach jeder Bestandserhaltungsmaßnahme

Authentizität

Die Sicherung der Authentizität bedeutet, nachweisen zu können, dass ein Objekt das ist, was es zu sein vorgibt. Da Bestandserhaltungsmaßnahmen wie Formatmigration zwangsläufig eine Veränderung eines Objekts verursachen, ist die Sicherung der Authentizität nicht ganz unproblematisch. Folgende Maßnahmen sind zur Sicherung der Authentizität etabliert:

  • Aufbewahrung des Originals und aller Bearbeitungen des Objekts (Versionierung)
  • Nachweis von Veränderungen am Objekt in den Metadaten
Empfehlung

Die Sicherung der Authentizität wird von einem Privatanwender grundsätzlich nicht gefordert. Sie kann dann aber notwendig sein, wenn beabsichtigt wird, die eigene Amateurfilmsammlung später an eine Gedächtnisinstitution zu übergeben. Nützlich ist es in jedem Fall auch, wenn grundlegende signifikante Eigenschaften definiert werden und die Ergebnisse einer Formatmigration gegen diese Anforderungen zu evaluieren sind, z.B.:

  • Beibehaltung des Seitenverhältnisses
  • gleichbleibende Bildqualität
  • Erhaltung des Farbraums
  • Erhaltung von Untertiteln
  • Erhaltung der Synchronität von Bild und Ton

Metadaten

Metadaten beschreiben ein Objekt. Es wird zwischen folgenden Metadatenkategorien unterschieden:

  • deskriptive Metadaten: Es handelt sich um klassische Erschließungsmetadaten. Diese beschreiben ein Objekt und gewährleisten, dass es wiederauffindbar ist. Erschließungsmetadaten unterteilen sich in formale Metadaten wie Titel, Urheber, Erscheinungsjahr usw. und inhaltsbeschreibende Metadaten wie Schlagworte, ein Abstract, ein Transkript, Sequenzbeschreibungen usw.
  • administrative Metadaten: Administrative Metadaten sind für die Verwaltung der Objekte im Langzeitarchiv und den Betrieb des Systems erforderlich, z.B. systeminterne Identifier.
  • rechtliche Metadaten: Rechtliche Metadaten beschreiben den Nutzerzugriff auf die Objekte. Sie legen auch fest, ob die Objekte bearbeitet und wie sie bereitgestellt werden dürfen.
  • technische Metadaten: Technische Metadaten beschreiben z.B. Dateiformat und -version, Codec, Laufzeit, Dateigröße, Bitrate usw. Technische Metadaten können aus der Datei extrahiert werden.
  • strukturelle Metadaten: Strukturelle Metadaten beschreiben die Zusammensetzung eines Objekts und Zusammenhänge mit anderen, z.B. wenn ein Objekt aus mehreren Dateien in einer festgelegten Reihenfolge besteht oder wenn Objekte Teil einer Serie sind.
  • Provenienzmetadaten: Provenienz meint zunächst die Stelle, an der das Objekt entstanden ist bzw. den Urheber. Provenienzen sind auch diejenigen Stellen, bei denen das Objekt später verwahrt oder migriert wird. Idealerweise beschreiben diese Metadaten die Objektgeschichte, um zu dokumentieren, welcher Nutzer wann mit welchen Tools welche Bearbeitung vorgenommen hat. Diese Metadaten sind von großer Wichtigkeit für den Nachweis der Authentizität.
  • Protokollmetadaten zur Erfassung der vorgenommenen Maßnahmen.
Empfehlung

Die Erfassung von Metadaten bedeutet für Privatanwender einen erheblichen Aufwand, wenn diese nicht aus einer Quelle importiert werden können. Während für Kinofilme häufig deskriptive Metadaten in Form von Filmdatenbanken wie der Internet Movie Database (IMDB) vorhanden sind, ist dies für Amateurfilme aufgrund der geringeren Verbreitung eher unwahrscheinlich.
Deshalb sollten Privatanwender sich auf grundlegende deskriptive und technische Metadaten beschränken. Im Falle einer späteren Abgabe an eine wissenschaftliche Institution sollten aber auch die Provenienzmetadaten bekannt sein.
Die erfassten Metadaten müssen verwaltet werden. Es wird dringend davon abgeraten, die Metadaten ausschließlich in der Datei selbst zu speichern. Bei einer Formatmigration können diese Metadaten verloren gehen. Sinnvoller ist es, Objekt und Metadaten getrennt voneinander zu verwalten bzw. zu kapseln. Von der Metadatenverwaltung in Excel- oder Worddateien wird abgeraten. Besser geeignet ist frei verfügbare Datenbanksoftware für Multimediaobjekte. Hierbei ist allerdings darauf zu achten, dass die Metadaten leicht aus dem System exportiert werden können.

Präsentation/Zugriff

Weitverbreitete, offene Formate und Codecs sollten bevorzugt werden. Proprietäre Formate und Codecs sind häufig an eine spezielle Wiedergabesoftware gebunden, binden an einen Hersteller und begrenzen die Nutzung. Für verschiedene Nutzungsszenarien können verschiedene Nutzungsformate erforderlich sein. Nutzungsformate können entweder für eine allgemeine Präsentation der Objekte oder on demand generiert werden.

Empfehlung

Es empfiehlt sich die parallele Speicherung von Master- und Nutzungsdateien. Für die Nutzung reichen i.d.R. verlustbehaftet komprimierte Dateiformate aus. Zudem sind die Anforderungen an die Hardware geringer. Werden die Archivdateien, wie bei Privatanwendern oftmals der Fall, gleichzeitig auch als Nutzungsdateien verwendet, ist es wichtig, dass Abspielgeräte nur einen Lesezugriff bekommen. Die Präsentation über Webplattformen steht dem Amateurfilmer, der eigene Produktionen als Privatanwender archiviert, neben der lokalen Nutzung und dem Versand von Datenträgern vorbehaltlich der Wahrung der Rechte Dritter frei.

Dateiformate und Codecs

Für den Archivmaster sind offene, standardisierte und weitverbreitete Formate und Codecs zu bevorzugen, die nicht oder verlustfrei komprimieren, um einem späteren Qualitätsverlust vorzubeugen. Proprietäre Dateiformate sind oft an eine spezifische Software des Herstellers gebunden und stellen eine Gefahr für die längerfristige Verfügbarkeit dar, da der Code nicht öffentlich zugänglich ist und Formatmigrationen so erschwert oder sogar unmöglich werden. Zu beachten ist bei der Wahl des Archivformats auch die Kompatibilität eines Formats mit den jeweiligen Codecs. Eine Zusammenstellung empfohlener Formate und Codecs finden Sie unter AG Media.

Empfehlung

Bei Amateurfilmen ist die Vielfalt potenzieller Produktions- und Ablieferungsformate besonders groß. Meistens handelt es sich dabei um Consumerformate, d.h. Dateien, die durch verlustbehaftete Komprimierung vergleichsweise wenig Speicherplatz benötigen und auch von Laien ohne großen Aufwand abgespielt werden können. Teilweise haben diese auch proprietären Charakter. Je höher die Anzahl der Dateiformate, desto größer ist der Aufwand für die Bestandserhaltung (Content-Preservation). Es ist deshalb bei Amateurfilmen besonders zu betonen, dass die Anzahl der Dateiformate im digitalen Langzeitarchiv sich auf eine kleine Auswahl beschränken sollte.
Wenn möglich, sollte eine Normalisierung in ein offenes und standardisiertes Dateiformat erfolgen, um den Verwaltungsaufwand für verschiedene Dateiformate und Wiedergabesoftware zu minimieren. Für die Normalisierung stehen verschiedene Konvertierungsprogramme als Open-Source-Software zur Verfügung. Wenn Normalisierung nicht möglich ist, ist darauf zu achten, dass das Dateiformat die o.g. Anforderungen so gut wie möglich erfüllt.


Als Archivformat für Privatanwender bietet sich v.a. Matroska (*.mkv) an. Dabei handelt es sich um ein freies, robustes, wenig komplexes, plattformunabhängiges und weitverbreitetes Containerformat mit vergleichsweise geringen Dateigrößen. Die Konvertierung nach Matroska ist mit gängiger Konvertierungssoftware (z.B. Wondershare, XMedia Recode, FFmpeg) ohne Weiteres möglich.
Ebenso wichtig wie das Containerformat an sich ist ein geeigneter Codec. Matroska unterstützt zahlreiche Codecs, von denen die meisten allerdings aufgrund der verlustbehafteten Kompression nicht für die Langzeitsicherung geeignet sind. Zu empfehlen ist der verlustfreie Codec FFV1 v.3. Bei einer Konversion ist sicherzustellen, dass keine signifikanten Eigenschaften verloren gehen.

 

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