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Dokumentation der Ergebnisse des Arbeitskreistreffens GND Community Empowerment vom 30.11.2023

Autor:innen: Stefan Buddenbohm (SUB Göttingen) und Barbara Fischer (DNB, AfS)

Ende November kamen gut 20 Mitarbeiter:innen aus unterschiedlichen Projekten mit GND-Bezug, wie NFDI-Konsortien, GND4C und GND-Redaktionen, im Arbeitskreis GND Community Empowerment zu ihrem dritten Treffen online zusammen. Die Ergebnisse dokumentiert dieser Beitrag.

Wie im letzten Treffen am 20. Juni 2023 verabredet, diskutierten wir die Themen „Haben wir die Community im Blick?“ und „Brauchen wir ein Curriculum?“  und informierten uns über den Stand der STA-Dokumentationsplattform und die Öffnung der GND insgesamt.

Über die Soziologie der Standardisierung

Doch zunächst vermittelte uns Judith Hartstein vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) einen frischen Blick der Soziologie auf Standardisierungsprozesse in den Wissenschaften. Dabei ging es ihr jedoch nicht um die Einführung von Normdaten, sondern vielmehr um notwendige Prozesse der Standardisierung in der wissenschaftlichen Praxis, um das gegenseitige Verstehen zu gewährleisten. Diese Prozesse beziehen sich auf das gesamte Wissenschaftssystem. Sei es auf die Ausdifferenzierung von Disziplinen, dem Aufbau von Fachvokabularen oder der Entwicklung von Curricula für definierte Studienabschlüsse. Diese Standardisierungsprozesse sind einerseits notwendige Bedingung für die effiziente Zusammenarbeit, aber auch exkludierend,beispielsweise durch Bias in Informationsverarbeitungssystemen oder die ernüchterne Erkenntnis, dass die Setzung von Standards immer auch als ein mit Macht einhergehender Prozess gelesen werden kann. Die Vortragsfolien von Judith Hartstein sind hier verfügbar.

Abbildung 1: Aus dem Vortrag von Judith Hartstein, screenshot

Haben wir die Community im Blick?

Der Singular in der Frage führt eventuell in die Irre. Denn die eine Community gibt es nicht. Die Teilnehmer:innen betonten in der Diskussion, wie divers die GND-Zielgruppen seien. Schon vertraut ist die Einteilung nach denjenigen, die nur bereits vorliegende GND-Identifikatoren nutzen, um ihre eigene Datenqualität zu heben, indem sie die GND-IDs mit ihren Daten verknüpfen. Zum anderen diejenigen, die die GND-Regeln anwenden, um neue GND-Datensätze anzulegen, zu korrigieren oder zu ergänzen. Der Ansatz, sich vornehmlich auf diese zwei Perspektiven – einmal die GND „passiv“ Nutzenden und zum anderen die GND „aktiv“ Anwendenden – zu beschränken, greift möglicherweise zu kurz. Neben dieser gewissermaßen horizontalen Unterteilung, ist mit Blick auf die Schulungs- und Informationsmaterialien auch eine vertikale Strukturierung nach Wissens- und Kompetenzstand wichtig. Entlang der vertikalen Achse kann man sich vorstellen, wie die Schulungmaterialien aufeinander aufbauen. Die Bedarfe sowohl der Nutzer:innen als auch der Anwender:innen differieren nach ihrem jeweiligen Wissensstand in Bezug auf die GND, nach ihrem Anwendungsbereich, wie Forschung oder Kulturgutsammlungen, zum Teil splitten sie sich zudem nach den Fachdisziplinen weiter auf. Im Treffen brachte es Chantal Köppl (DNB) auf den Punkt, indem sie die GND-Gemeinschaft als eine “fuzzy Community” beschrieb.

Die Teilnehmer:innen betonten die Notwendigkeit, das Informationsmaterial je nach Zielgruppe anzupassen und auszuzeichnen. Insbesondere gelte die Angebotsdiversifizierung für solche, die selbst neue GND-Datensätze anlegen oder ergänzen wollen. Hier empfahl Verena Mack von der Agentur LEO BW Regional diejenigen im Blick zu haben, die nur „gelegentlich“ einen neuen GND-Datensatz anlegen wollen. Denn vermutlich ist die Anzahl dieser „Gelegenheitseditor:innen“ deutlich größer als die Zahl derjenigen, zu deren täglicher Arbeit die Redaktion von GND-Datensätzen gehört. Es müsse unser aller Anliegen sein, so der Konsens in der Gruppe, Voraussetzungen zu schaffen, damit auch "Gelegenheitseditor:innen" trotz fehlender Praxis regelkonforme Datensätze anlegen können und dies bei generell bestehendem Zeitmangel. Auf der Hand liegt, dass die “Gelegenheitseditor:innen” das Potenzial für zukünftige “Powereditor:innen” hätten. Ein Ziel des Community Buildings sollte es sein, die Editor:innen zu diesem “Sprung” zu motivieren und zu befähigen. Je nach Kontext und Zielsetzung sind hierfür manche Vermittlungsformen besser geeignet als andere. Wichtig sei es, Gesprächsanlässe zu schaffen, in denen Beziehungen zueinander wachsen können, die im nächsten Schritt die Basis für die weitere Zusammenarbeit sind. Der neudeutsche Begriff Community Building veranschaulicht diese so wichtige Arbeit, die auch eine Gratwanderung zwischen zu viel und zu wenig ist.

Treffen wie die GND-Foren bieten Gelegenheiten der Begegnung, die idealerweise über den individuellen thematischen Anlass hinausgehen. Ziel des Community Buildings sollte es sein, die Beteiligten zu gegenseitiger Unterstützung, konstruktiver Kritik und dem Mittun zu motivieren.

Abbildung 2: Die Streuung der GND-Communities, © Stefan Buddenbohm (SUB Göttingen), CC BY SA

Die Plattform zur Dokumentation der Regelwerke im Gebrauch der Mitglieder des Standardisierungsausschusses - aka die STA-Plattform

Die im Aufbau befindliche STA-Dokumentationsplattform könnte gerade auch für die gelegentlich in der GND-Edition Wirkenden das richtige Angebot sein. Der Projektleiter für den Aufbau der Plattform, Mathias Manecke (DNB), stellte sie und die anstehende Integration der GND-Dokumentation dem Arbeitskreis live in der Anwendung vor.

Indem die Fließtexte sowohl des Regelwerks RDA DACH, dessen Definitionen auch viele der Erfassungshilfen der GND bestimmen, als auch künftig die letztgenannten selbst in strukturierte Daten umgewandelt, in einer Wikibase-Instanz abgelegt und redigiert werden, wird der Zugang zu den Regeln vereinfacht. Zum einen entfällt der Beitritt zum Konsortiallizenz-Verbund, zum anderen können Elemente konzise aktualisiert und die Änderungen in allen Anwendungsfällen zeitgleich umgesetzt werden. Die Ausformungen können per Klick in unterschiedlichen Dateiformaten angezeigt werden. Für die Benutzer:innen wird aber besonders attraktiv sein, dass man künftig  in der Ansicht der Elemente für die Erfassung einer Entität zwischen der Standard-Anzeige, der Anzeige von zusätzlichen Element-Optionen und den unterschiedlichen Anwendungskontexten wechseln sowie facettieren kann. Jede Community kann so bei Bedarf ihre Sicht auf die Normdaten der GND ausbilden. In der Dokumentation des RDA DACH Standards ist dies zum Teil schon umgesetzt.

Der „Gelegenheitseditor“ kann künftig mit einem Klick sehen, welche Aussagen er mindestens zu einer Entität machen muss, um diese zuverlässig von einer anderen Entität disambiguieren zu können. Die oft als umständlich empfundenen Querverweise zwischen unterschiedlichen PDFs, die unterschiedliche Sachverhalte betreffend für die regelkonforme Erfassung einer Entität zu berücksichtigen sind, werden abgelöst durch eine übergreifende Ansicht mit der Option zur bedarfsorientierten mit Hyperlinks verknüpften Vertiefung. D.h. Editor:innen können sich das Material, das vorher auf verschiedene PDFs verteilt war und bei dem sie Abhängigkeiten “manuell” nachvollziehen mussten, in der neuen STA-Dokumentationsplattform fallbezogen zusammenstellen. Eine deutliche Arbeitserleichterung und einhergehend mit dem Wissen, für den individuellen Fall “alles” (i.S.v. Regeln) berücksichtigt zu haben. Technisch ist die Plattform auf Basis einer Wikibase-Datenbank umgesetzt, deren Frontend aber für die Browseranwendung optimiert wurde.

Die Trainingsmaterialien zur Nutzung des Standards RDA Dach sind bereits online und können getestet werden. Im Sommer soll dann auch die GND Dokumentation entsprechend veröffentlicht sein. Die in die STA-Plattform integrierte GND-Dokumentation ist ein Baustein in der modernisierten GND. Der aktuelle Stand der Öffnung der GND insgesamt ist in den Folien 13 bis 23 kurz zusammengefasst.

Abbildung 3: Aus dem Vortrag von Mathias Manecke (DNB), screenshot

Abbildung 4: Die Menüführung zu den Anwendungsprofilen, denen man unter anderem die Standard-Anzeige von Elementen einer Entitätsbeschreibung entnehmen kann, aus dem Vortrag von Mathias Manecke (DNB), screenshot

Brauchen wir ein Curriculum?

In der intensiven Diskussion um die Sinnhaftigkeit oder gar Notwendigkeit eines Curriculums für die verschiedenen Zielgruppen schälte sich schließlich der Konsens heraus, dass weniger der als geschlossen empfundende Lehrplan, den man mit dem Beriff eines Curriculums vielleicht verbindet, gebraucht wird, als vielmehr ein pragmatisches Navigationssystem, eine “Info-Drehscheibe”, wie Chantal Köppel von der DNB anregte. In diesem Navigationssystem wären die einzelnen Module miteinander über ein Tagging verknüpft. Die Verschlagwortung orientiert die jeweiligen Zielgruppen, wo sie beginnen und wo sie gemäß ihrer akuten Bedarfe weiterführendes Material oder Angebote finden. Besonders wurde betont, Prozesse und Inhalte an möglichst konkreten Beispielen zu illustrieren.

Ergebnisse

Als Ergebnisse des Nachmittages möchten wir drei Punkte festhalten:

  1. Die gemeinschaftliche Diskussion über Methoden und Anspruch des Arbeitskreises GND Community Empowerment ist notwendig zur Verbesserung des Angebots
  2. Die bereits gesammelten Materialien und Schulungsangebote sollen durch geeignete Tags noch besser klassifiziert werden, um den Zielgruppen die Orientierung zu erleichtern. Der Arbeitskreis wird bis zum kommenden Meeting ein entsprechendes Vokabular erarbeiten.
  3. Die Differenzierung der User und Editoren nach der Intensität ihrer Interaktion mit der GND ist eine neue und wichtige Facette der anzusprechenden Zielgruppen.

Bei dem kommenden Treffen im nächsten Sommer sollen folgende Lehrmaterialien präsentiert werden:

  • NFDI4Memory möchte sein Register der Vokabulare und Thesauri mit entsprechenden Definitionen vorstellen
  • die IG Archiv wird den Stand des geplanten GND Leitfadens für Archive mit Tools, Hinweisen zur Nutzung der GND und ersten Ansätzen der Relevanzkriterien aus Archivsicht präsentieren und
  • die DNB stellt das E-Learningmodul für GND-Nutzende aus dem DFG Projekt PID Network Deutschland zur Diskussion

Wie in der oben zusammengefassten Diskussion zur Frage “Haben wir die Community im Blick?” in der Gruppe festgestellt wurde: Neben dem richtigen Handwerkszeug und den individuellen Inhalten/Themen sind es die Anlässe, die wichtig sind, um miteinander im Gespräch zu bleiben. In diesem Sinne kommt im Sommer die Einladung zum nächsten Treffen des AK GND Community Empowerment.

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Der aktuelle Stand der Öffnung der GND ist in den  Folien 13 bis 23 kurz zusammengefasst.