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4. Ich stehe vor der Aufgabe, ein digitales Langzeitarchiv aufzubauen. Wo finde ich konkrete Hinweise, wie ich vorgehe, was ich brauche und was das Ganze kostet?

 

Bevor es losgeht: Kenne dich selbst!

Jedes Archiv ist anders und hat deshalb auch andere Anforderungen und Bedarfe im Bereich der digitalen Langzeitarchivierung. Nur wer sich selbst kennt, weiß auch, was er braucht. Deshalb ist es wichtig, sich zunächst zu überlegen:

 

  • welchen Auftrag das Archiv hat
  • wie groß das Archiv ist
  • welche Art von digitalem Archivgut zu erwarten ist
  • welche Nutzer das Archiv hat
  • wieviel Geld und Personal zur Verfügung steht, um das Archiv aufzubauen und langfristig zu erhalten

 

Wer sich über diese Rahmenbedingungen einigermaßen bewusst ist, findet im Folgenden zu diesen Themenbereichen gute Einstiegsinformationen:

 




Inhalt
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4.1 Gute Gründe für den Aufbau eines digitalen Archivs (gegenüber Geldgebern!)

10 FAQs. Argumente zu Bedarf und Notwendigkeit der digitalen Archivierung

Der Autor Peter Sandner vom Wiesbadener Hauptstaatsarchiv sammelt zehn in der Praxis häufig vorkommende Fragen, die darauf abzielen, den grundsätzlichen Bedarf eines digitalen Archivs sowie den Bedarf zusätzliche Ressourcen infrage zu stellen, und zeigt Gegenargumente auf.

 

Wer braucht schon ein digitales Langzeitarchiv?

Peter Worm (LWL-Archivamt für Westfalen) stellt in diesem Blog-Artikel kurz und prägnant die wichtigsten Argumente für einen schnellen Einstieg in die digitale Langzeitarchivierung dar. Da das LWL-Archivamt primär Archivberatung für Kommunalarchive in Westfalen leistet, ist der Artikel inhaltlich sehr auf die Situation der Kommunalarchive in NRW fokussiert. Er gibt aber Anregungen und zeigt Argumentationslinien, die sich auch auf andere Bundesländer und andere Archivsparten übertragen lassen.

 

4.2 Kriterien für vertrauenswürdige Archive

Die digitale Langzeitarchivierung ist eine komplexe Aufgabe. Um sie erfolgreich zu meistern, sind zahlreiche fachliche, technische und organisatorische Faktoren zu berücksichtigen und miteinander zu verzahnen. Nur wenn das Gesamtkonstrukt vollständig und in sich stimmig ist, ist ein digitales Langzeitarchiv wirklich vertrauenswürdig! Um diese angestrebte Vertrauenswürdigkeit in der Konzeption zu erreichen und sie in der Praxis transparent und nachvollziehbar zu machen, hat die Archivcommunity in den letzten Jahren mehrere Standards entwickelt. Mit Hilfe von Fragen- und Kriterienkatalogen ermöglichen es diese Standards, die eigenen Konzepte und Umsetzungsstände zu prüfen und zu vervollständigen. Aber auch für Archive, die noch im Aufbau sind, bieten diese Standards eine gute Orientierungshilfe, da sie die wichtigsten zu berücksichtigenden Handlungsfelder benennen und erläutern.

 

nestor-Siegel „Vertrauenswürdige Digitale Langzeitarchive“

Das bei nestor angesiedelte Zertifizierungsverfahren bietet interessierten Archiven die Möglichkeit, die eigene Vertrauenswürdigkeit anhand eines Kriterienkatalogs durch unabhängige Gutachter überprüfen zu lassen. Der insgesamt 34 Einzelkriterien umfassende Katalog, der eng mit der einschlägigen DIN 31644 verwandt ist, ist auch für die Archive frei im Internet verfügbar, die (noch) keine Zertifizierung anstreben. Daher eignet er sich auch gut als Checkliste für konzeptionelle Arbeiten. Archive, die das nestor-Siegel erwerben möchten, finden weitere Informationen in den „Erläuterungen zum nestor-Siegel“.

 

Data Seal of Approval

Das von der niederländischen „Data Archiving and Network Services“ (DAN) angebotene Zertifizierungsverfahren basiert auf einer Selbstbeauskunftung anhand eines 16 Fragen umfassenden, englischsprachigen Kriterienkatalogs, der frei im Internet verfügbar ist. Weniger umfangreich als der Kriterienkatalog bei nestor, bietet der Data-Seal-Katalog gleichwohl auch Archiven in Planung eine gute Orientierung.

 

ISO 16363

Der 2012 erschienene Standard ISO 16363 „Audit and certification of trustworthy digital repositories“ ermöglicht die Beurteilung der Konformität mit ISO 14721. Auf Grund dieser Beurteilung kann ein Archivsystem als vertrauenswürdig bezeichnet werden.

Der Standard ISO 16363 entspricht den CCSDS-Empfehlungen CCSDS 652.0-M-1 und CCDS 652.1-M-2.

 

4.3 Standards

OAIS

Das „Reference Model for An Open Archival Information System (OAIS)“ ist die Mutter aller Standards für die digitale Langzeitarchivierung. Ab 1997 im Kontext der Weltraumforschung entwickelt, ist OAIS heute der zentrale Orientierungspunkt für nahezu alle digitalen Archive. OAIS beschreibt auf einem sehr abstrakten, dafür aber allgemeingültigen Level alle benötigten Zutaten für ein digitales Archiv, insbesondere die Struktur der notwendigen Informationspakete sowie die verschiedenen Funktionsbereiche und Schnittstellen des Archivs. Die aktuelle Textversion von OAIS ist nicht nur als ISO-Norm 14721:2012 (für teures Geld!) erhältlich, sondern auch auf den Seiten der für die Pflege und Weiterentwicklung verantwortlichen Raumfahrtorganisationen frei zum Download verfügbar. Zudem gibt es bei nestor eine frei verfügbare deutsche Übersetzung, die neben dem Haupttext auch ein umfangreiches Glossar enthält.

Brauchbare Einführungen zu OAIS gibt es einige – knapp und gut verständlich sind z. B. die Erläuterungen der Schweizer Nationalbibliothek, etwas ausführlicher und tiefer gehend das Kapitel im nestor-Handbuch.

 

 

PREMIS Data Dictionary For Preservation Metadata

PREMIS ist der führende Standard für Metadaten in der digitalen Langzeitarchivierung. Ab 2003 von einer internationalen bibliothekarischen Arbeitsgruppe entwickelt, liegt PREMIS derzeit in einer dritten Version vor, die im Internet frei verfügbar ist. PREMIS definiert in einem abstrakten, allgemein verwendbaren Datenmodell alle im Archiv mit Metadaten zu beschreibenden „Entitäten“ und bietet zu jeder Entität einen (Meta-)Datenkatalog. Die hierzu passenden XML-Schemata werden ganz oder in Teilen von vielen Archiven nachgenutzt.

Einen guten Einstieg in die komplexe Welt von PREMIS bietet das 2017 frisch überarbeitete Tutorial „Understanding PREMIS“. Ebenfalls hilfreich ist die nur als Buch bzw. E-Book und nur auf Englisch erhältliche Einführung von Angela Dappert u. a. (Hrsg.), Digital Preservation Metadata for Practitioners. Implementing PREMIS, Cham 2016.

 

METS Metadata Encoding & Transmission Standard

METS ist ein Standard für deskriptive, administrative und strukturelle Metadaten, der von der Library of Congress entwickelt und gepflegt wird. Das hier verlinkte Dokument bietet in deutscher Sprache einen gut strukturierten und verständlichen Einstieg in den Aufbau und die Nutzung von METS. Weitere Dokumente finden sich hier.

 

Koordinierungsstelle für IT-Standards

Um den Austausch von Daten in der öffentlichen Verwaltung zu gewährleisten, bedarf es Bund-Länder-übergreifender Standards. Durch die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen müssen Behörden und öffentliche Einrichtungen in der Lage sein, auf verschiedenen Verwaltungsebenen und aufgabenübergreifend Daten aus Dokumentenmanagementsystemen und Fachanwendungen auszutauschen. Die Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) ist dafür zuständig, die Entwicklung und Inbetriebnahme solcher IT-Standards zu koordinieren. Durch XÖV-Spezifikationen wird ein Rahmen vorgegeben, der festlegt, in welcher Weise ein Datenaustausch verwaltungsintern, zwischen zwei Verwaltungsstellen, oder auch zwischen der Verwaltung und ihren Kunden, den Bürgerinnen und Bürgern, erfolgt. Beispiele sind XMeld für den Austausch von Meldedaten, XInneres für Daten aus dem Bereich der Innenverwaltung oder XJustiz aus der Justizverwaltung. Ein Kapitel der Spezifikation XPersonenstandsregister (Abschnitt 4.3.9.) widmet sich speziell der standardisierten Aussonderung und Übergabe von Daten aus von elektronischen Personenstandsregistern an die Archive. Auf der Seite der KoSIT finden Archivarinnen und Archivare Informationen zu IT-Standards in der Verwaltung, die bei der Bewertung und Übernahme von Daten aus elektronischen Fachverfahren wichtig sein können.

 

4.4 Best Practices & Erfahrungsberichte

LVR: Erste Schritte im Umgang mit elektronischen Fachverfahren

Hier finden sich mehrere Erfahrungsberichte zum Thema Langzeitarchivierung von Fachverfahren. Sie legen ihren Schwerpunkt auf die Erfassung und Bewertung von Fachverfahren und beschreiben praxiserprobte Vorgehensweisen. Somit bieten sie eine wertvolle Hilfestellung für all jene Archivarinnen und Archivare, die sich mit dem Thema Fachverfahren beschäftigen (müssen). Die Bewertungsentscheidung ist Voraussetzung dafür, das weitere Vorgehen für die digitale Langzeitarchivierung festlegen zu können, und hat deshalb wesentlichen Einfluss auf den gesamten Archivierungsprozess.

 

LWL: Archivierung aus elektronischen Fachverfahren

Auf der Homepage des LWL-Archivamts für Westfalen finden sich Informationen zur Langzeitarchivierung v. a. von Akten der öffentlichen Verwaltung. Es finden sich diverse Handreichungen und Empfehlungen zu verschiedenen Materialgattungen (z. B. Bauakten, Gewerberegister, Personenstandsregister etc.) sowie beispielhafte Fachverfahrensbewertungslisten verschiedener westfälischer Kreise und Städte.

 

Empfehlungen und Stellungnahmen der KLA und ihrer Ausschüsse und Arbeitsgruppen

Die Konferenz der Leiterinnen und Leiter der Archivverwaltungen des Bundes und der Länder (KLA) sowie ihre Ausschüsse und Arbeitsgruppen geben Empfehlungen und Stellungnahmen zu unterschiedlichsten archivischen Themen, u. a. auch zum Bereich digitale Langzeitarchivierung. Die Papiere spiegeln den aktuellen Diskussionsstand in der deutschen Archivwelt wider und erlauben so einen guten ersten Zugriff auf zentrale Themen der (digitalen) Archivierung.

 

Empfehlungen der Bundeskonferenz der Kommunalarchive beim Deutschen Städtetag (BKK)

Die BKK stellt auf ihrer Internetseite Empfehlungen zu verschiedenen archivischen Themen, u. a. zum Bereich digitale Langzeitarchivierung zur Verfügung. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Bedarf von kommunalen Archiven, dennoch lohnt sich auch für andere Archivsparten ein Blick in die Handreichungen der BKK.

 

VdA-Diskussionspapier Bewertung elektronischer Fachverfahren

Der VdA-Arbeitskreis Archivische Bewertung hat ein Papier erstellt, in dem grundlegende Aspekte sowie mögliche Vorgehensweisen bei der Bewertung und Archivierung elektronischer Fachverfahren in knapper Form dargestellt werden. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Bewertungsentscheidung als Voraussetzung für die Entscheidung über die Art und Weise der Archivierung.

 

Publikationen des Arbeitskreises „Archivierung von Unterlagen aus digitalen Systemen“ (AUdS)

Der AUdS-Arbeitskreis organisiert bereits seit 1997 jedes Jahr eine Tagung rund um das Themenfeld digitale Langzeitarchivierung. Dabei werden aktuelle Projekte und Konzepte präsentiert und diskutiert, durchaus auch mit dem Anspruch, aus gescheiterten Projekten zu lernen. Die Vorträge und Ergebnisse werden i. d. R. durch die Veranstalter publiziert und anschließend auf der Webseite des Staatsarchivs St. Gallen zum Download bereitgestellt.

 

nestor Thema: aktuelle Kurzartikel aus der Praxis

Diese nestor-Reihe stellt knappe Praxisberichte zu verschiedenen Themen zusammen, die beispielhaft Lösungsmöglichkeiten aufzeigen oder eine knappe Einführung zu Fragen der digitalen Langzeitarchivierung anbieten.

 

Praxisbericht aus dem LWL zur E-Akte und ihrer Anbindung an das digitale Archiv

Katharina Tiemann und Peter Worm stellen ihre Erfahrungen mit der Nutzung der E-Akte in der LWL-Verwaltung und der Anbindung an das elektronische Langzeitarchiv vor.

 

4.5 Verbundlösungen

Digitales Archiv Nordrhein-Westfalen

Das Digitale Archiv Nordrhein-Westfalen (DA NRW) stellt Kultur- und Gedächtniseinrichtungen aller Sparten Softwarelösungen für den dauerhaften Erhalt des „digitalen Erbes“ zur Verfügung. Die Verbundlösungen Digital Preservation Solution (DiPS.kommunal) und DA NRW Software Suite (DNS) stehen auch nicht-staatlichen und nicht-kommunalen Einrichtungen grundsätzlich offen. Entsprechende Anfragen beantwortet die DA NRW Geschäftsstelle.

 

DIMAG

DIMAG (Digitales Magazin) ist eine Software-Lösung für die digitale Langzeitarchivierung, die vom Landesarchiv Baden-Württemberg entwickelt wurde. Aktuell wird DIMAG vom Landesarchiv Baden-Württemberg, dem Landesarchiv Hessen, den Staatlichen Archiven in Bayern sowie dem Verbund Digitales Archiv Nord (DAN) eingesetzt und gemeinschaftlich weiterentwickelt.

Anfragen beantwortet das Landesarchiv Baden-Württemberg.

 

 

4.6 Am Markt vorhandene Einzellösungen

Jenseits der Verbundlösungen gibt es am Markt auch Einzellösungen von verschiedenen Herstellerfirmen. Einen guten Überblick über die vorhandenen Angebote bieten die Begleitausstellungen zum Deutschen Archivtag (Archivistica) sowie zu einigen regionalen Archivtagen. Dort stellen zahlreiche Herstellerfirmen aus und es besteht die Möglichkeit, die Produkte anzusehen und mit den Herstellern ins Gespräch zu kommen.

Ebenso empfiehlt es sich, bei anderen Archiven nach den dort eingesetzten Einzellösungen zu fragen und Erfahrungsberichte einzuholen. Um andere Archive zu finden, kann z. B. Kooperationsformulargenutzt werden.

 

 

4.7 Archivierung als Dienstleistung

Nein, man muss nicht immer alles selbst machen – auch nicht die digitale Langzeitarchivierung. Je nach Ausgangslage, Ressourcen und Anforderungen (Stichwort: Kenne dich selbst!) kann es sinnvoll sein, die digitale Langzeitarchivierung an einen Dienstleister abzugeben. Einen guten Überblick über die vorhandenen Angebote bieten die Begleitausstellungen zum Deutschen Archivtag (Archivistica) sowie zu einigen regionalen Archivtagen. Dort stellen zahlreiche Herstellerfirmen aus und es besteht die Möglichkeit, die Produkte anzusehen und mit den Herstellern ins Gespräch zu kommen.

Ebenso empfiehlt es sich, bei anderen Archiven nach den dort eingesetzten Einzellösungen zu fragen und Erfahrungsberichte einzuholen. Um andere Archive zu finden, kann z. B. Kooperationsformulargenutzt werden.

 

4.8 Rund um die Hardware

ArchivarInnen können (fast) alles, doch beim Thema Hardware ist es sinnvoll, IT-Fachleute heranzuziehen. Besprechen Sie also Ihre IT-Anforderungen auch mit Ihren IT-Dienstleistern.

 

4.9 Datenmodelle & Metadaten

Beim Thema Datenmodelle und Metadaten lohnt sich ein Blick auf bereits existierende Lösungen, die als Vorbild für die eigene Konzeption dienen können, z. B.

DIMAG

 

DiPS Metadatenschema

Datenmodell und Metadatenschema von DiPS werden auch in einem Artikel in der Fachzeitschrift „Archivar. Zeitschrift für Archivwesen“ in der Ausgabe 4/2016 erläutert.

 

Fachkonzept Elektronische Archivierung des Sächsischen Staatsarchivs

 

Fach- und Organisationskonzept Digitales Magazin des Landesarchivs Thüringen

 

 

4.10 Kostenmodelle

Beiträge der 16. Tagung des Arbeitskreises Archivierung von Unterlagen aus digitalen Systemen (AUdS) 2012

In der Tagungspublikation befinden sich zwei Beiträge von Karlheinz Schmitt und Susanne Fröhlich, die Kostenmodelle für die digitale Langzeitarchivierung erläutern. Auch auf der AUdS-Konferenz 2017 gab es mehrere Vorträge, die sich mit den Kosten der digitalen Langzeitarchivierung befassten. Die Publikation dieser Konferenzbeiträge ist zeitnah geplant (Präsentationsfolien sind bereits auf der Seite des Staatsarchivs St. Gallen verfügbar). Sämtliche Publikationen finden sich auf der Internetseite des Staatsarchivs St. Gallen.