Kriterienbereich Qualität der Digitalisate / Dateiformate

Verantwortlich

  • Sebastian Meyer

Grundsätzliches

Anforderungen/Empfehlungen

Grundlage jeder Digitalisierung ist die Anfertigung von digitalen Reproduktionen der analogen Vorlagen. Dabei dient die Digitalisierung durch die Reduzierung der analogen Nutzung der Bestandserhaltung des Originals, verbessert die Nutzungsmöglichkeiten durch den gleichzeitigen, räumlich und zeitlich unabhängigen Zugriff und kann die Speicherung der wesentlichen, informationstragenden Merkmale der Vorlage selbst über deren physische Existenz hinaus gewährleisten. Um diesen hohen und vielseitigen Anforderungen der Nutzung, Verfügbarkeit und Langzeitsicherung gerecht zu werden, müssen bei der Anfertigung der Digitalisate gewisse Qualitätskriterien eingehalten werden.

Die Pflichtkriterien des Zertifikats stellen ein Mindestmaß an Nachhaltigkeit und Interoperabilität der Digitalisate sicher, während die Empfehlungen insbesondere die Verfügbarkeit und Nutzungsmöglichkeiten der Digitalisate verbessern sollen. Alle wesentlichen Anforderungen sind bereits in den "Praxisregeln zur Digitalisierung" der Deutschen Forschungsgemeinschaft formuliert, auf die daher oft verwiesen wird.

M/EFormulierungsvorschlagQuelleBemerkungen
 Allgemeine Anforderungen  
M

Die anzuwendenden Parameter für die Digitalisierung werden mit Blick auf die Qualität des Bildes, seine Langzeitverfügbarkeit und Interoperabilität gewählt.

  • Bei der Herstellung sind grundsätzlich zwei Formen von Digitalisaten zu berücksichtigen. Zum einen der sogenannte digitale Master, also das Roh- oder Archivformat, und für die Nutzung hergestellte Derivate, meist komprimierte Kopien in anderen Dateiformaten. Der Master ist die Grundlage für alle weiteren Prozesse. Daher sollte man seiner Herstellung besondere Aufmerksamkeit schenken und bei der Langzeitsicherung entsprechende Empfehlungen (z.B. Nestor) berücksichtigen. 

DFG-Praxisregeln (S.8) 
M

Alle Materialien werden in einer hinreichend guten Qualität angeboten, so dass die Benutzung zu wissenschaftlichen Zwecken auf an den Hochschulen üblicherweise vorhandenem Equipment mühelos möglich ist.

  • Es sind alle Materialien aber auch in einer Qualität anzubieten, die über DSL-Anschlüsse ohne unzumutbare Verzögerungen bearbeitbar ist. Ist ein Objekt unter 3 MB nicht sinnvoll bearbeitbar, verletzt es das Kriterium der DSL-Tauglichkeit des Servers nicht, wenn kein Angebot kleinerer Versionen erfolgt.
DFG-Praxisregeln (S.42)

Eine konkretere Angabe zur Qualität wäre hilfreich, ist aber schwer allgemeingültig zu formulieren. Daher dieses vage Kriterium als Pflicht, die Details dagegen weitgehend als Empfehlungen.
Der Hinweis auf "DSL-Tauglichkeit" wirkt etwas altmodisch, auch wenn die Intention dahinter nachvollziehbar ist.

 Anforderungen an Dateiformate und -qualität  
M

Die Zielauflösung für den digitalen Master von Text/Bild-Digitalisaten beträgt grundsätzlich 300 dpi bezogen auf das Vorlagenformat.

  • Das bedeutet, dass das Digitalisat bei einer Ausgabe mit 300 dpi exakt dem Vorlagenformat entspricht.
  • Ausnahmen stellen Sondermedien dar, für die abweichende Richtwerte gelten:
    • Negative: 4.000 dpi
    • Mikrofilme: 600 dpi
    • Großformate: 150 dpi
DFG-Praxisregeln (S.9ff.)

Da bei den Dateiformaten auch auf A/V-Medien eingegangen wird, sollten auch dafür qualitative Richtlinien gelten. Hier gibt es jedoch derzeit noch keine allgemein anerkannten Standards.

M 

Die Farbtiefe des digitalen Masters von Text/Bild-Digitalisaten beträgt bei farbigen Vorlagen 8 Bit pro Kanal, d.h. 24 Bit insgesamt. Die Farbtiefe bei Graustufen beträgt 8 Bit.

  • Höhere Farbtiefen werden von vielen Werkzeugen nicht unterstützt und sollten daher vermieden werden.
  • Ausnahmen stellen Vorlagen dar, die keine Farbinformationen enthalten (z.B. S/W-Mikrofilme). Bei deren Digitalisierung muss auch der digitale Master keine Farbkanäle enthalten.
DFG-Praxisregeln (S.11) 
M

Die aus der Digitalisierung hervorgegangenen Masterdateien sind frei von technischen Schutzmaßnahmen.

  • Dazu zählen vor allem Mechanismen im Sinne des Digital Rights Management (DRM), Passwortschutz und Einschränkungen der Benutzbarkeit von Dokumenten (Copy & Paste, Ausdrucken). Schutzmaßnahmen sind deswegen ausgeschlossen, weil sie potenziell Strategien zur Langzeitarchivierung (Migration, Emulation) entgegenstehen. 
  • Zu Präsentationszwecken erzeugte Derivate sind hiervon ausgenommen und können im Bedarfsfall mit Schutzmaßnahmen versehen werden.
DINI-Zertifikat 2013: M.8-2 (S.30) 
M

Für die Speicherung der Masterdateien werden offene und zur Langzeitarchivierung geeignete Dateiformate verwendet.

  • Bildmaster von Graustufen oder Farbbildern sollten nach dem derzeitigen Kenntnisstand in unkomprimierten TIF Rev. 6.0 Part 1 (Baseline TIFF) langzeitgesichert werden. Die weitgehenden Optionen von Extended TIFs dürfen für den digitalen Master nicht genutzt werden.
  • Neben TIF kann auch JPEG2000 in seiner verlustfreien Form als Format für den Bildmaster verwendet werden. Für die Speicherung von Mastern im JPEG2000-Format ist allerdings darauf zu achten, dass nur die lizenzfreien Bereiche von JPEG2000 Verwendung finden.
  • Im Bereich Audio hat sich das Waveform Audio File-Format (WAV) als Quasi-Standard etabliert.
  • Für Videoformate kann zurzeit noch keine Empfehlung ausgesprochen werden. Die Anforderung einer unkomprimierten Speicherung ist bei größeren Projekten kaum möglich.
DFG-Praxisregeln (S.15f.)

Dateiformat-Signaturen finden sich in der PRONOM-Datenbank.

Eine Nicht-Empfehlung bei den Videoformaten ist natürlich wenig hilfreich und schon gar kein Kriterium für eine Zertifizierung. Das Problem fehlender Quasi-Standards ist aber real, so dass damit umgegangen werden muss.

E

Für die Speicherung der zur Nutzung vorgesehenen Derivate werden nur von regulären Browsern unterstützte Dateiformate mit gutem Kompressionsverhalten verwendet.

  • Die Digitalisate sollten sich ohne zusätzliche Plugins oder spezielle Bildbetrachtungssoftware in allen verbreiteten Webbrowsern benutzen lassen. Empfohlen wird daher für Bild/Text-Digitalisate die Verwendung der Dateiformate JPEG oder PNG.
  • Die Kompression sollte gerade so hoch gewählt werden, dass mit bloßem Auge noch keine Qualitätsverluste erkennbar sind. Bei JPEG entspricht dies etwas einer Kompressionsrate von 75-80.
  • Als Nutzungsformat im Bereich Audio hat sich MPEG-2 Audiolayer III (MP3) durchgesetzt.
  • Für Videoformate kann zurzeit noch keine Empfehlung ausgesprochen werden. Der freie Codec WebM scheint geeignet, wird derzeit aber noch nicht von allen Webbrowsern nativ unterstützt. 
angelehnt an: DFG-Praxisregeln (S.16) 
E

Digitale Repliken von dreidimensionalen Objekten sind als 3D-Modelle gespeichert.

  • Formate wie Collada, ein auf XML-basierendes offenes Austauschformat von 3D-Daten, oder X3D, welches speziell zur Visualisierung von 3D-Modellen über Web-Browser erschaffen wurde, bieten sich an.
DFG-Praxisregeln (S.16f.)Ein sehr schwammiges Kriterium, da es in diesem Bereich noch kaum etablierte Standards gibt.
 Anforderungen an die Bereitstellung  
EJe Einzelseite existiert ein separates Digitalisat, das in einer eigenen Datei gespeichert ist.
  • Die Darstellung von Doppelseiten wird i.d.R. von modernen Präsentationssystemen geleistet, in dem zwei Einzelseiten nebeneinander angezeigt werden. Umgekehrt können doppelseitig digitalisierte Vorlagen jedoch nicht automatisiert vereinzelt werden.
  • Von der Möglichkeit der Einbettung mehrerer Digitalisate in einer einzigen TIF-Datei (sog. Multipage-TIFF) sollte abgesehen werden, da es die Langzeitsicherung der Dateien erschwert.
  
E

Die Digitalisate sind in den Metadaten in der Reihenfolge der physischen Vorlage referenziert.

  • Die natürliche Blätterfolge bleibt im digitalen Objekt erhalten. Eine abweichende Lesereihenfolge kann über die logische Strukturierung kenntlich gemacht werden.
 ggf. eher ein Kriterium für den Bereich Metadaten
E

Mindestens zum wissenschaftlichen Gebrauch wird der kostenlose Download kompletter Einheiten in einer einzigen Datei ermöglicht.

  • Ein Download nach Abschnitten oder einzelnen Seiten ist dann vorzusehen, wenn die Größe der Gesamtdatei nicht mehr handhabbar wäre.
DFG-Praxisregeln (S.42) 

 

 

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