Auf dieser Seite werden die relevanten Paragrafen des Urheberrechtsgesetzes sowie Abschnitte aus Veröffentlichungen dessen Interpretationen zusammengestellt.

Ziel ist es, die konkreten Möglichkeiten der Digitalisierung sowie der Bereitstellung digitaler Reproduktionen urheberrechtlich geschützter Objekte ohne Zustimmung der Rechteinhaber oder Rechteinhaberinnen zu zeigen. Dies soll ebenfalls dazu motivieren, die Möglichkeiten der Digitalisierung sowie der Bereitstellung digitaler Reproduktionen von Objekten zu untersuchen, die durch andere Rechte (Persönlichkeitsrecht, Schutzfristen, ...) geschützt sind.



Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz)

§ 60e Bibliotheken

(1) Öffentlich zugängliche Bibliotheken, die keine unmittelbaren oder mittelbaren kommerziellen Zwecke verfolgen (Bibliotheken), dürfen ein Werk aus ihrem Bestand oder ihrer Ausstellung für Zwecke der Zugänglichmachung, Indexierung, Katalogisierung, Erhaltung und Restaurierung vervielfältigen oder vervielfältigen lassen, auch mehrfach und mit technisch bedingten Änderungen.

(4) Zugänglich machen dürfen Bibliotheken an Terminals in ihren Räumen ein Werk aus ihrem Bestand ihren Nutzern für deren Forschung oder private Studien. Sie dürfen den Nutzern je Sitzung Vervielfältigungen an den Terminals von bis zu 10 Prozent eines Werkes sowie von einzelnen Abbildungen, Beiträgen aus derselben Fachzeitschrift oder wissenschaftlichen Zeitschrift, sonstigen Werken geringen Umfangs und vergriffenen Werken zu nicht kommerziellen Zwecken ermöglichen.

https://www.gesetze-im-internet.de/urhg/__60e.html


Interpretation "Kulturelles Erbe digital : Eine kleine Rechtsfibel"

Allgemeine Informationen

Abschnitte

Terminalnutzung / Gesetzliche Grundlage

Das Urheberrechtsgesetz enthält für die Nutzung digitalisierter Materialien an Terminals innerhalb der Einrichtungen eine spezifische Schranke: Die Einrichtungen dürfen Nutzer*innen für deren Forschung oder private Studien Werke aus ihrem Bestand an Terminals in ihren Räumen zugänglich machen (Paragraf 60e Absatz 4 Urheberrechtsgesetz).

Über das bloße Betrachten hinaus ist es gesetzlich erlaubt, dass die Nutzer*innen an den Terminals in bestimmten Grenzen auch Kopien machen dürfen, sowohl digitale als auch gedruckte, jedoch nicht mehr als 10 Prozent eines Werks je Terminal-„Sitzung“ (Paragraf 60e Absatz 4 Urheberrechtsgesetz). Dabei werden die bei verschiedenen Anlässen gemachten Kopien jedoch nicht addiert. Es wäre demnach unzulässig, bei einem Bibliotheksbesuch 15 Prozent eines Werks zu kopieren, hingegen erlaubt, bei einem ersten Besuch 8 Prozent und bei einem weiteren Besuch an einem Folgetag weitere 7 Prozent zu kopieren. Komplett kopiert werden dürfen einzelne Abbildungen, Beiträge aus derselben Fachzeitschrift oder wissenschaftlichen Zeitschrift, sonstige Werke geringen Umfangs und vergriffene Werke – allerdings nur zu nicht kommerziellen Zwecken. Eine unzulässige kommerzielle Nutzung läge vor, wenn eine Firma systematisch Kopien zur späteren Nutzung herstellt. Bei Privatpersonen kann man dagegen in der Regel von nicht kommerzieller Nutzung ausgehen.

Allerdings gilt eine wichtige Einschränkung zum Kopieren an Terminals: Es dürfen keine Kopien vollständiger Beiträge aus Tageszeitungen und politischen Zeitschriften ermöglicht werden. Das heißt, Archive und Bibliotheken müssen zwischen Zeitschriften und Zeitungen einerseits und „wissenschaftlichen Fachzeitschriften“ andererseits unterscheiden. Die Abgrenzung dürfte manchen Einrichtungen in bestimmten Fällen schwerfallen, weshalb diese Regelung weiterhin für Diskussionen sorgt, die Bibliotheken und Archive im Auge behalten sollten. Für zahlreiche Materialien, wie beispielsweise Flyer, Broschüren und Plakate, dürfte wiederum die gesamte Kopie zulässig sein, da diese als „sonstige Werke geringen Umfangs“ zu zählen sind.

Seite 89 f.


Interpretation "Neue rechtliche Rahmenbedingungen für Digitalisierungsprojekte von Gedächtnisinstitutionen"

Allgemeine Informationen

Abschnitte

Vervielfältigung

"Gedächtnisinstitutionen dürfen jetzt zu unterschiedlichen, gesetzlich geregelten Zwecken Vervielfältigungen anfertigen (§ 60e Absatz 1 UrhG). Diese Vervielfältigung umfasst sowohl eine Digitalisierung als auch sonst geartete Kopien. Die Regelung erlaubt es Institutionen allerdings nicht pauschal, gleich den ganzen Bestand zu digitalisieren."

[...]

Bislang konnte eine solche Vervielfältigung nach dem früheren § 53 Abs. 2 UrhG als „Archivkopie“ gestattet sein, sofern sie der Erhaltung diente. Mit der Reform der Schranken für die Wissensgesellschaft ist nun über die Erhaltung hinaus – wie bereits angesprochen – der umfassendere Katalog an unterschiedlichen Zweckrichtungen für das Anfertigen von Kopien ins Gesetz eingezogen. Insofern sollten Institutionen prüfen, ob die Kopien unter diese Zwecke fallen und sie so in den Genuss der Schranke kommen (siehe dazu die Darstellung zu § 60e UrhG im Einzelnen).

Seite 15

"Diejenigen öffentlichen Gedächtnisinstitutionen, die in den Genuss der spezifisch für sie geregelten Schranken kommen, dürfen Werke aus ihren Beständen oder ihrer Ausstellung zu einer ganzen Reihe von Einsatzgebieten vervielfältigen – oder auch von Dritten vervielfältigen lassen. Dies sind die Zugänglichmachung, Indexierung, Katalogisierung, Erhaltung und Restaurierung."

Seite 17

"Wichtig ist, dass die Schranke nur zu Gunsten von Werken aus den eigenen Beständen greift. Erfasst sind laut Gesetzesbegründung auch elektronische Bestände, zu denen die Bibliothek auf Basis von Nutzungsverträgen mit Inhalteanbietern ihren Nutzern den Zugang gewähren darf."

Seite 18

Zugänglichmachung

"Zugänglichmachung. Darunter ist das Abrufbarhalten für die Allgemeinheit oder für einen bestimmten Personenkreis zu verstehen. In welchem Rahmen dies genau geschehen darf, bestimmten die jeweiligen Erlaubnistatbestände. Allen voran sei hier das Anzeigen an Terminals genannt. Soweit Gedächtnisinstitutionen bisher ihre Bestände an Terminals (früher elektronische Leseplätze) anzeigen durften (nach § 52b UrhG a.F.), lasen Gerichte die Erlaubnis zur vorherigen Digitalisierung in diese Schranke hinein. Dem ging aber ein langer Status von Rechtsunsicherheit voraus, was die Arbeit der Institutionen erschwerte. Dieser Punkt ist nun gesetzlich geklärt."

[...]

"Der Gesetzgeber hat mit den neuen Regelungen unter anderem das Ziel der Bestandssicherung festgelegt. In diesem Sinne müssen die einzelnen Tatbestände auch weit gelesen werden. Dennoch muss man immer im Hinterkopf behalten, dass das europäische Recht für alle Schranken das Korsett „bestimmter Sonderfälle” schnürt. Im Zweifel sollte also fachjuristisch geprüft werden, ob die privilegierten Zwecke (Indexierung, Katalogisierung, Erhaltung, Restaurierung, Zugänglichmachung im Terminal) einschlägig sind. Solange sich alles nur innerhalb der Institution abspielt, ist das Risiko handfester juristischer Auseinandersetzungen andererseits vernachlässigbar."

Seite 19

Elektronischer Leseplatz

"Nach § 60e Absatz 4 UrhG ist es zulässig, veröffentlichte Werke, die sich im Bestand einer Bibliothek, eines Museums oder eines Archivs befinden im Bereich des Film- oder Tonerbes befinden, an den Terminals in den Räumen der jeweiligen Institutionen zugänglich zu machen. Voraussetzung ist, dass die Nutzung für deren Forschung oder private Studien der Nutzer vorgesehen sein muss."

[...]

"Nein, im neuen Recht ist eine Einschränkung auf die Anzahl vorhandener Werkstücke im Bestand nicht mehr enthalten. [...] Jetzt liegt die Grenze also schlicht bei der tatsächlichen Anzahl der Terminals."

Seite 21