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von Renz, Johannes 

3. GND-Forum Archiv - Normdaten in der archivischen Erfassung

Auf den Tag genau 8 Monate nach der letzten Veranstaltung dieser Art fand am 24. November 2023 das 3. GND-Forum Archiv erneut in virtueller Form statt. Mit insgesamt 68 teilnehmendem Personen waren es zwar knapp die Hälfte weniger als bei der letzten Veranstaltung, gleichzeitig ergab sich aber auch eine angenehme Workshop-Atmosphäre und es kam zu keinerlei technischen Problemen mit der eingesetzten Kommunikationssoftware. Nachdem im 2. GND-Forum der intensive Austausch unter den Teilnehmenden in mehreren Breakout-Sessions im Vordergrund stand, wurde dieses Mal bewusst das Format einer Informationsveranstaltung mit Impulsvortrag, Updates innerhalb der GND-Kooperative, Rück- und Ausblick über die Arbeit der IG Archive und ihrer im März 2023 konstituierten Arbeitsgruppen gewählt. Die Organisation des Forums übernahmen erneut die Interessengruppe Archiv – Staatliche Archive (KLA), die GND-Agentur LEO-BW-Regional, die Arbeitsstelle für Standardisierung an der Deutschen Nationalbibliothek und die im Gründungsprozess befindliche neue Agentur beim Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz.

Dr. Mirjam Sprau (Bundesarchiv) und Verena Mack (Landesarchiv Baden-Württemberg) begrüßten die Teilnehmer:innen und stellten das Organisationsteam im Einzelnen vor. Anschließend gaben sie neben technischen und organisatorischen Hinweisen auch einen Rückblick auf die vorhergehenden GND-Foren, im Zuge derer die Gründung einer größeren archivischen Interessengruppe mit 4 Unterarbeitsgruppen als wichtiges Etappenziel erreicht werden konnte.


Einsatz der GND im AV-Bereich Film

Der erste Programmpunkt war ein Impulsvortrag von Dr. Adelheid Heftberger vom Bundesarchiv, Abt. Filmarchiv in Berlin, zum dortigen Einsatz der GND. Aus ihrer Sicht wird Film in der archivischen Welt oft als Randthema wahrgenommen. Allerdings generiert dieses Medium potenziell sehr viele Normdaten. Der Bedarf an der Aggregation von Daten ist groß und Disambiguierung ist ein wichtiges Thema, da es lange Zeit keine Identifikatoren gab. Inzwischen haben sich für den Bereich Film 5 Entitäten an Normdaten durchgesetzt: Filmwerke (Manifestationen), Personen/Körperschaften, Länder, Sprachen und (Sach-) Schlagworte. Auf Grund der ausgeprägten internationalen Aspekte des Mediums Film kommen neben der GND weitere Normdatenbanken wie VIAF, LoC, EIDR/ISAN, Wikidata und filmportal zum Einsatz. Am Beispielbegriff „Metropolis“ mit allein 96 Identifikatoren auf Wikidata zeigte sie nochmals den hohen Bedarf an Disambiguierung auf. Je nach Größe der Institution ergeben sich aus Heftbergers Sicht verschiedene Bedarfe, die durch die Nutzung verschiedener Aggregatoren beherrschbar bleiben sollen. Auch die Rechterecherche, die insbesondere durch die Ermittlung von Geburts- und Sterbedaten erfolgt, ist für Filmarchive im Allgemeinen essentiell.

Die Abteilung Filmarchiv des Bundesarchivs nutzt inzwischen eine GND-Schnittstelle, welche die jeweiligen Kataloge direkt ansteuern kann. Bei Geografika werden die IDs bereits aus der GND geholt. Allerdings ist insgesamt noch viel zu tun, da von den 210.000 beim Bundesarchiv verwahrten Filmen bislang nur 7.000, also etwa 3,3 %, als Filmwerke in der GND nachgewiesen sind. Sowohl im künftigen Digitalen Lesesaal, der zum 1. Januar 2024 eingeführt wird, als auch im Archivportal-D sollen Normdaten konsequent nachgenutzt werden. Auch im Hinblick auf das 2023 grundlegend überarbeitete Deutsche Filmregister des Bundesarchivs sollen Arbeitsabläufe weiterentwickelt werden.

Heftbergers Vision ist, dass die GND künftig Wikidata wirksam ergänzen kann. Der deutsche Bereich ist durch die GND im Allgemeinen bereits gut abgedeckt, international sind allerdings EIDR, Wikidata oder ISAN führend. Die im Bundesarchiv derzeit genutzte GND-Schnittstelle soll daher um weitere ergänzt werden, um mehrere Normdatenbanken, z. B. Wikidata (welches oft als Referenzsystem für verschiedene Schreibweisen dient), GeoNames und die GND miteinander zu vernetzen. Allerdings seien technische Lösungen bei der Disambiguierung oft noch unterentwickelt. Für die GND wünscht sie sich, dass die Bedeutung von Genre und Gattung künftig mehr Berücksichtigung findet.


GND-Update

Neues aus der GND-Kooperative

Chantal Köppl stellt als weitere Rechercheanwendung den GND-Explorer vor. Mit Hilfe dieses Werkzeugs können v. a. Anfänger:innen die GND, ihre Entitäten und Relationen „entdecken“. Er bietet bereits jetzt Faktenblätter mit ID, Merkmalen und Relationen, eine Visualisierung von Relationen und Hierarchien, vielfältige Facetten sowie Filtermöglichkeiten über einen Zeitstrahl und eine Kartenansicht. Perspektivisch sollen die Updatezyklen verkürzt, APIs für den Export bereitgestellt und Rückverlinkungen in Partnersysteme mit GND-Identifiern angeboten werden.

Auf der Dokumentationsplattform des Standardisierungsausschusses (STA) wurden inzwischen die einschlägigen Standards wie das bibliothekarische Regelwerk RDA DACH sowie die GND-Formatdokumentation eingepflegt. Bis Ende 2024 sollen die Erfassungsregeln für die GND dort vollständig dokumentiert sein. Außerdem sollen Erfassungshilfen übertragen, Regeln formatneutral abgebildet, Erfassungsbeispiele gezeigt und Redaktionshinweise gegeben werden.

Weiter berichtet Frau Köppl vom am 12. Oktober 2023 abgehaltenen Workshop an der DNB mit Anbietern von Erschließungssoftware in Archiven und Museen zur besseren Integration der GND. Ihr Eindruck war insgesamt positiv: Der Bedarf einer GND-Einbindung wird gesehen, muss aber von der IG Archiv noch stärker geäußert werden.

Dr. Patrick Leiske berichtet für die GND-Agentur LEO-BW-Regional, dass dort inzwischen eine Sammlung von Best Practices angelegt wird. Einschlägige User Stories existieren bislang vom Archivportal-D, dem LABW und dem DLA Marbach, zur weiteren Beteiligung wird aufgerufen. Mehrere Mitarbeitende des LABW wurden inzwischen im Webformular geschult. Bei entsprechendem Interesse werden künftig weitere Schulungen angeboten (ca. zwei Mal pro Jahr).

Weitere derzeit im Aufbau befindliche Agenturen, Redaktionen und Interessengruppen befinden sich gerade in unterschiedlichen Stadien des Ausbaus:

  • data4kulthura Thüringen
  • NFDI-Konsortium Text+
  • Hessisches Kulturerbe mit Redaktion Bauwerke (DDK)
  • Redaktion für Provenienzerschließende (SBB-PK)
  • Interessengruppe Museen und Sammlungen (seit Oktober 2023)
  • NFDI for memory
  • Agentur beim GStA Berlin

Chantal Köppl verweist in diesem Zusammenhang auf den laufend aktualisierten Überblick über Agenturen, Verbünde und Kooperationspartner im GND-Network.


Neue Agentur-Initiativen in Berlin/Brandenburg und Hessen

Silke Jagodzinski berichtet vom derzeitigen Aufbau einer neuen GND-Agentur beim Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA) in Berlin, deren Planung im Sommer 2022 angelaufen ist. Zunächst soll die Pflege von Personennormdaten im Vordergrund stehen. Die Bibliothek des GStA hat bereits seit 2006 Erfahrungen mit der Eingabe von Normdaten gesammelt. Konzepterstellung und administrative Abstimmung sowie der Aufbau einer Kommunikationsinfrastruktur erfolgten 2022/23. Derzeit existiert bereits eine Redaktion für Archiv und Bibliothek des GStA, die nach und nach auf Archive in Berlin und Brandenburg ausgeweitet werden soll. Als Pilotprojekt ist das Deutsche Digitale Frauenarchiv (DDF) vorgesehen. Erstes Etappenziel ist der Status einer Redaktion für die Sicherung der Datenqualität von Personennormdaten. In Zukunft soll die Agentur einen Beisitzerstatus im GND-Ausschuss der DNB erhalten. Das zweite Etappenziel (Ausweitung der Redaktion) wird für 2024/25 angepeilt. Frau Jagodzinski erläutert abschließend nochmals die Voraussetzungen für eine Kooperation mit der künftigen Agentur (Notwendigkeit eines ISIL, Zugriff auf das Webformular, Strategie für Relevanzkriterien).

Im Anschluss berichtet Stefan Aumann vom Hessischen Institut für Landesgeschichte (HIL) über den Agenturaufbau Hessisches Kulturerbe. Im Rahmen des Landesgeschichtlichen Informationssystems Hessen (LAGIS) gibt es schon seit 2009 Erfahrungen mit der GND, die sich nach aktuellem Stand in der Neuanlegung von fast 8.000 Personennormdatensätzen niedergeschlagen haben. Die Beacon-Dateien werden inzwischen täglich aktualisiert. Seit Juni 2021 besteht ein Projekt zur automatisierten Anreicherung archivischer Erschließungsdaten mit GND-Normdaten. Der Projektantrag für den Aufbau einer Agentur wurde Ende 2022 eingereicht und im Mai 2023 bewilligt. Adressaten der Agentur sind einschlägige hessische Kulturerbeeinrichtungen sowie die Betreiber Historischer Ortslexika und Ortsnamenbücher. Neben dem Hessischen Institut für Landesgeschichte ist künftig das Deutsche Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg (DDK) als beteiligte Einrichtung fest eingeplant. Die (künftige) Agentur bietet bereits jetzt im Rahmen ihrer Möglichkeiten verschiedene Dienstleistungen an. Dazu gehören u. a. die Unterstützung einschlägiger Einrichtungen bei der Anreicherung ihrer Erschließungssysteme mit Normdaten der Entitäten Geografika, Personen und Körperschaften, Redaktionsarbeiten, die Implementierung von Datendiensten, die Regelwerkarbeit bei Geografika und die Vorbereitung von Batchimporten in die GND. Künftig sollen die Kompetenzen der der DDK-Agentur Bauwerke und der künftigen Agentur beim HIL gebündelt werden, indem die Agentur am Ende von beiden Einrichtungen getragen wird. So soll letztlich eine regionale hessische GND-Agentur in Form eines Kompetenzzentrums entstehen und ihre Dienstleistungen etwa auch auf die Entität Werke ausweiten können.



Rück- und Ausblick der Arbeitsgruppen in der Interessengruppe Archiv

Nach einer kurzen Pause begrüßt Dr. Mirjam Sprau die Teilnehmer:innen für den 2. Teil und ruft nochmals zur aktiven Beteiligung an den Arbeitsgruppen auf.

AG Archivische Erschließung mit der GND

Dr. Mirjam Sprau stellt die AG kurz vor. Die bisherigen beiden Treffen hatten einen großen Zulauf. Die AG bietet eine Plattform für den Austausch rund um die Erschließung mit Normdaten. Dabei sollen praktische Fragen des Einsatzes diskutiert werden: Wann und auf welchen Ebenen wird verknüpft? Was bedeutet die Verknüpfung für archivfachliche Fragen der Erschließung? Was sind notwendige Erschließungsressourcen? Wo liegen Chancen und Schwierigkeiten? Wie können gemeinsame Interessen im GND-Verbund vertreten werden?

Aktuell wird an einem Positionspapier zum Einsatz von GND-Normdaten im Archiv gearbeitet, in welchem Faktoren des Einsatzes der GND in der Erschließung zur Sprache kommen und archivische Relevanzkriterien entwickelt werden sollen. Im Mittelpunkt der Diskussion stehen derzeit die Relevanzkriterien für Personennormdaten (Personen der Zeitgeschichte, Personen als Provenienzstellen, Mandatsträger, NS-Opfer etc.). Die Erarbeitung von Relevanzkriterien für Geografika und Sachbegriffe wird künftig ebenfalls erfolgen. Abschließend lädt Frau Dr. Sprau zum nächsten virtuellen Treffen der AG am 19. Januar 2024 ein.

AG GND-Agenturen & Redaktionen

Silke Jagodzinski berichtet vom ersten Treffen im Mai 2023 mit ca. 20 Teilnehmenden. Dabei wurden die bestehenden und werdenden Agenturen LEO-BW-Regional, data4kulthura (Thüringen) und die GND-Agentur im GStA für Berlin-Brandenburg vorgestellt. Für die Interessengruppe insgesamt wäre der Netzausbau von GND-Agenturen für Archive für die gesamte Fläche wünschenswert.

Die AG Agenturen & Redaktionen wird vorerst nicht konkret weitergeführt, bestehende und im Aufbau befindliche Agenturen stehen aber für Fragen beratend zur Verfügung. Auf die Frage im Chat nach einer Agentur in Norddeutschland verweist Frau Köppl auf eine mögliche Initiative in Niedersachsen, hat aber noch keine konkreteren Informationen.

AG Tools & Technik

Johannes Haslauer berichtet von der Auftaktsitzung der AG am 12. Oktober 2023. Zu ihren Aufgabenschwerpunkten zählen die allgemeine AFIS-Einbindung der GND. Sie möchte außerdem eine Übersicht über bestehende Einbindungen der GND in verschiedene AFISe erstellen, das Schreiben in der GND (teil-)automatisieren und Informationen zu Tools und Technik bereitstellen.

Als Projekt für Anfang 2024 ist die Erstellung einer kompakten Handreichung (Praxishandbuch) zu den technischen Erfordernissen und Möglichkeiten mit einer Toolliste, Verweisen auf Tutorials und Screencasts, Best-Practice-Beispielen etc. geplant, wofür bereits eine Projektgruppe von 5 Personen gegründet wurde. Weiter möchte sie ein Gesprächsforum für konkrete Fragen rund um die Tools bieten. Das geplante Handbuch soll nach Abstimmung mit den anderen AGs ab Januar erarbeitet werden. Als Termin der Fertigstellung ist der Sommer 2024 geplant, das nächstes Treffen Ende Januar 2024. Formulierung genauerer technischer Anforderungen für eine einheitlichere Einbindung in die Erschließungssoftware, Selbsthilfegruppe für GND-Tools.

Stefan Aumann berichtet in diesem Kontext über Tests mit ChatGPT im Zusammenhang mit Normdaten. Tamara Kefer vom Stadtarchiv Graz verweist wiederum auf Erfahrungen zum Einsatz von ChatGPT bei Normdaten am Zentrum für Informationsmodellierung der Universität Graz, die in der Workshopreihe „Angewandte Generative KI in den „digitalen“ Geisteswissenschaften vorgestellt wurden.

AG Information und Wissensvermittlung

Chantal Köppl formuliert die Ziele der AG: Sie möchte den Einstieg in die GND-Arbeit und den Einsatz von Normdaten erleichtern, den Nutzen in der Erschließungsarbeit aufzeigen sowie Hinweise auf Recherchemöglichkeiten geben. Dadurch soll der Mehrwert der GND-Einbindung für Archive (Erschließung) und Nutzende (Recherche) anhand von konkreten Anwendungsfällen und Beispielen aus verschiedenen AFISen deutlich werden. An Ideen wurden bislang die Erstellung einer Handreichung zu Einsatzmöglichkeiten der GND im Archiv, ein anpassbarer Foliensatz zur Einführung in die GND und eine Sammlung motivierender Best Practices aus dem Archivbereich formuliert. Diese sollen sprachlich auch für Archivar:innen verständlich sein, denen die in Sachen GND vorherrschenden bibliothekarischen Fachbegriffe nicht vertraut sind.

Das nächste Treffen ist für Februar 2024 geplant.

 

Abschlussbemerkungen und nächstes GND-Forum (statt „Zusammenfassung und nächste Schritte“)

Alle 3 aktiven AGs freuen sich über weitere Mitarbeit. Verena Mack weist auf aktuelle Veranstaltungen hin und gibt Literaturtipps. Zeitnah am 6. und 8. Dezember 2023 findet wieder eine Webformular-Schulung der Agentur LEO-BW-Regional statt. Die Veranstaltung ist bereits ausgebucht, es sind jedoch weitere Schulungen geplant.

Im August 2023 ist das Buch von Gudrun Hoinkis „Wie kommt die GND (Gemeinsame Normdatei) ins Archiv? Nutzung der Personennormdaten für die archivische Erschließung“ erschienen. Lesenswert ist auch der Artikel „Brücken bauen zwischen Archiven, Bibliotheken und Museen – Schritte auf dem Weg zur Vernetzung der Kulturwelt in der Praxis mittels GND und RDA“ von Anna Bohn und Margret Schild.

Die Teilnehmenden sind eingeladen, weitere Informationen über die Mailingliste zu teilen. Hingewiesen wird auch auf die Liste der am GND-Forum teilnehmenden Institutionen.

Das 4. GND-Forum findet am Freitag, den 21. Juni 2024, um 10:00-13:00 Uhr statt.

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